Welt-Aids-Tag: Lichtblicke in Südafrika

Im Epizentrum der HIV-Pandemie zeichnet sich eine Trendwende ab und die Produktion moderner Generika steht bevor

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Trendwende ist geschafft: In Südafrika ist in den vergangenen Jahren einer Analyse zufolge erstmals die Zahl der HIV-Infizierten signifikant zurückgegangen. Das teilte die südafrikanische Forschungsagentur Human Sciences Research Council (HSRC) am vergangenen Montag mit. Demnach sind rund 12,7 Prozent der 62 Millionen Südafrikaner mit dem HI-Virus infiziert, das zur Immunschwächekrankheit Aids führen kann. Bei der vorigen Studie dieser Art im Jahr 2017 waren es noch 14 Prozent der Bevölkerung.

Südafrika gehört zu den Ländern, die am schlimmsten von der seit vier Jahrzehnten andauernden Aids-Pandemie betroffen sind. HSRC-Forschungsleiter Khangelani Zuma erklärte, es gebe keine einfache Erklärung für den Rückgang der Infektionszahlen, die Gründe hierfür seien »komplex«.

Südafrika verzeichnet mehr individuelle HIV-Fälle als jedes anderes Land und etwa ein Drittel aller Fälle auf dem afrikanischen Kontinent. In den vergangenen Jahren starben in dem Land jedes Jahr mehr als 85 000 Menschen an Aids.

Die Untersuchung zeigt zwar, dass Fortschritte gemacht wurden, aber auch, dass es noch Lücken bei der Bekämpfung der HIV-Epidemie in Südafrika gibt. Schwarze sind mit 20 Prozent stärker betroffen als die gemischte Bevölkerungsgruppe der »Coloureds« mit fünf Prozent, Weiße und Inder sowie andere Asiaten mit nur etwa einem Prozent. »Die ausgeprägtesten Unterschiede in der HIV-Prävalenz nach Geschlecht wurden bei jüngeren Bevölkerungsgruppen festgestellt, was gezielte Maßnahmen erforderlich macht«, erklärte Studienleiter Zuma.

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Auch geografisch gibt es deutliche Unterschiede: In der südwestlichen Provinz Westkap mit der Hauptstadt Kapstadt seien nur acht Prozent der Personen über 15 Jahre betroffen, im östlichen KwaZulu-Natal mit der Hautpstadt Durban dagegen 22 Prozent. Zudem ist die HIV-Prävalenz bei Frauen mit 20 Prozent fast doppelt so hoch wie bei Männern mit 12 Prozent. Als gesicherte Erkenntnis gilt in Südafrika aufgrund struktureller Machtverhältnisse seit Langem, dass oft ältere Männer jüngere Frauen infizieren. Zuma zeigte sich insbesondere über die hohe Zahl infizierter Frauen und junger Menschen besorgt.

Der zunehmende Einsatz antiretroviraler Therapiemedikamente (ART) hat die Aussichten für HIV/Aids-Patienten auch in Südafrika radikal verändert. HIV ist noch immer nicht heilbar, aber wird die Therapie früh genug begonnen, erkranken die Betroffenen nicht an Aids und können das HI-Virus auch nicht an andere weitergeben. Nach Jahren der Untätigkeit hat Südafrika inzwischen das weltweit größte Gesundheitsprogramm gegen Aids. Auch dank einiger Nicht-Regierungs-Organisationen wie »Ärzte ohne Grenzen« werden Aids-Patienten in Südafrika inzwischen mit Generika therapiert.

In Südafrika steht zudem die Produktion eines bahnbrechenden HIV-Präventionsmittels mit dem Wirkstoff Cabotegravir in den Startlöchern: In Deutschland ist er seit 2021 zugelassen, doch die Kosten bei den bisher mit ihm verfügbaren Medikamenten liegen bisher mit rund 20 000 Euro pro Kopf im Jahr für Länder des Globalen Südens außerhalb der Tragfähigkeit. Durch die Behandlung, bei der alle zwei Monate gespritzt werden muss, wird das Risiko einer HIV-Infektion durch Geschlechtsverkehr fast vollständig eliminiert.

Die Kooperationsvereinbarung zwischen den Entwicklern von CAB-LA, ViiV Healthcare, und dem von den Vereinten Nationen unterstützten Medizinpatentpool ist inzwischen unter Dach und Fach. Ein paar Wermutstropfen gibt es aber doch: Vor 2027 wird die indische Pharmafirma Cipla die Produktion im südafrikanischen Durban wohl nicht aufnehmen können. Und der bisher von Cipla veranschlagte Preis für die Zwei-Monats-Spritze liegt zwar mit umgerechnet 27 Euro weit unter den 3730 US-Dollar, die in den USA für eine Injektion berappt werden müssen. Aber bereits die 27 Euro sind das Dreifache dessen, was sich das südafrikanische Gesundheitsministerium derzeit nach eigenen Angaben leisten kann. Eine erschwingliche Lösung für ein Problem, mit dem viele Länder seit Jahren zu kämpfen haben, ist damit noch nicht in Sicht. Dafür müssten die Preise durch Ausweitung der Generika-Produktion noch deutlicher sinken. Und bisher hat sie in Südafrika noch nicht mal begonnen.

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