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René Benkos Signa-Holding vor dem Aus
Zukunft von Bauprojekten und Warenhäusern des Konzerns in Deutschland und Österreich ungewiss
Die Krise der österreichischen Signa-Gruppe zeigt sich auch in vielen deutschen Großstädten. Dort ruhen die Bauarbeiten an prominenten Projekten wie dem »Elbtower« in Hamburg und dem Berliner »P1« gegenüber dem Kadewe. Die Beteiligung an dem Luxuskaufhaus hat Signa bereits für 700 Millionen Euro an den thailändischen Central Department Store veräußert, genauso wie die Beteiligung an der britischen Warenhauskette Selfridges. Die übergeordnete Signa Holding hat vor wenigen Tagen einen Insolvenzantrag auf Eigenverwaltung beim Handelsgericht Wien gestellt. Vorausgegangen waren wochenlange vergebliche Bemühungen, ausreichend Liquidität für eine außergerichtliche Rettung zu beschaffen. Wie es mit Signa und zugehörigen Gesellschaften weitergeht, ist ungewiss.
Insolvenzen gehörten zum Kapitalismus einfach dazu, plädiert der Ökonom Heinz-J. Bontrup von der Westfälischen Hochschule für eine gewisse Gelassenheit. »Managementversagen ist dabei die wesentliche Ursache.« Das gelte auch in diesem Fall. Signa-Gründer René Benko strebt dennoch ein Insolvenzverfahren in Eigenregie an. Dann könnte das bisherige Management den Konzern weiterführen, der Insolvenzverwalter spielte nur eine Aufpasserrolle. Damit diese Art der Rettung zustande kommt, muss die Signa Holding GmbH mit Sitz in Wien und Innsbruck einen Sanierungsplan vorlegen, der von den Gläubigern innerhalb von 90 Tagen genehmigt werden muss. Damit diese zustimmen, müsste Benko glaubhaft machen, dass Signa ihnen innerhalb von zwei Jahren mindestens 30 Prozent ihres Geldes zurückzahlen kann.
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Dass die Gläubiger das gescheiterte Management und letztlich den schillernden Investor Benko am Ruder lassen werden, erscheint Branchenbeobachtern jedoch unwahrscheinlich. Unterm Strich könnten größere Gläubiger bei einer Zerschlagung besser dastehen, da sie auf Sicherungsrechte, vertragliche Pfandrechte auf einzelne Immobilien, zurückgreifen können. Zu Benkos Geldgebern zählen erfahrene Bosse wie der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, der bekannte Unternehmensberater Roland Berger und Fressnapf-Gründer Torsten Toeller.
Benko hat alles getan, um einen »konsolidierten« Abschluss der etwa 1000 Firmen, Bauprojekte und Beteiligungen des Konzerns zu vermeiden, so dass ein Überblick über die gesamte Signa-Gruppe nicht vorliegt. In einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung geht die Verfügungsgewalt ganz auf den gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter über – ohne das enge Zeitkorsett von 90 Tagen.
Auch wenn das österreichische Insolvenzrecht Besonderheiten hat – im Mittelpunkt steht der Insolvenzplan mit dem Ziel der Rettung des Unternehmens. Dieser dokumentiert, warum das Unternehmen in die Krise gerutscht ist, und umfasst die künftige Neuaufstellung. Dem Insolvenzplan muss eine Mehrheit der Gläubiger zustimmen, die auch die Mehrheit der Forderungen hält.
Selbst eine Eigenverwaltung könne in der Regel die endgültige Insolvenz nicht verhindern, meint Wirtschaftswissenschaftler Bontrup. »Ohne neue Kapitalgeber lassen sich die fehlende Liquidität und Eigenkapitalschwäche bei Signa nicht mehr kompensieren.« Es werde daher für ruhende Bauprojekte wie auch für Galeria Karstadt darauf angekommen, ob sich solche Kapitalgeber finden. »Das wird schwer.« Bei der Warenhaustochter dürfte das wohl nur für einzelne Filialen der Fall sein, erwartet das Mitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Womit dann endgültig das Ende der ehemaligen »Konsumtempel« gekommen wäre.
Schon Ende vorletzter Woche hatte die Signa Real Estate Management Germany GmbH in Berlin Insolvenzantrag gestellt. Bei der eher kleinen Dienstleistungsgesellschaft mit einem Jahresumsatz von 54 Millionen Euro waren ohne den Insolvenzantrag die Gehälter der mehr als 130 Beschäftigten nicht mehr gesichert. Diese erhalten vorerst Insolvenzgeld von der Arbeitsagentur. Benkos Flaggschiff Signa Prime, für das die deutsche Gesellschaft arbeitete, hält Bestandsimmobilien im Wert von gut 20 Milliarden Euro. »Nach dem starken Wachstum der Signa-Gruppe in der Niedrigzinsphase haben die Zinswende und steigende Baukosten sie in Schwierigkeiten gebracht«, schreibt das Fachblatt »Handelsimmobilien-Report« in seiner am Montag erschienenen neuesten Ausgabe. Damit seien die Kalkulationen für Bauprojekte wie den »Elbtower« zunichte gemacht worden.
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