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Dem Wald in Brandenburg geht es kurzfristig besser
Zustandsbericht zeigt: Bäume in Brandenburg haben sich durch Niederschläge vorübergehend erholt
Da man sich an Hiobsbotschaften in diesem Bereich schon gewöhnt hat, kam es überraschend: Der brandenburgische Wald hat sich im laufenden Jahr messbar erholt. Was die Zukunft betrifft, malen die Verantwortlichen aber weiter ein trübes Bild. Dem märkischen Wald geht es deutlich besser als vor einem Jahr, und vor allem die Kiefer »konnte Boden gut machen«. Das sagte Rainer Hentschel vom Landeskompetenzzentrum Forst in Eberswalde, als am Montag in Potsdam der Waldzustandsbericht 2023 vorgelegt wurde.
Die positive Entwicklung führte der Fachmann auf die »überdurchschnittlich gute Wasserversorgung« vor allem im Frühjahr zurück, in deren Folge der Anteil ungeschädigter Bäume »sprunghaft« um 18 Prozentpunkte auf 25 Prozent gestiegen sei. Gleichzeitig sei der Anteil der Bäume mit deutlichen Schäden um vier Prozentpunkte auf 16 Prozent zurückgegangen. Besonders dankbar für das Wasser habe sich die Kiefer gezeigt. Eiche und Buche hingegen vermochten laut Hentschel nicht, die kurzfristig günstige Situation nachhaltig auszunutzen. Vier der fünf vergangenen Jahre seien Trockenjahre gewesen. Das laufende Jahr habe insgesamt gesehen für eine »Verschnaufpause« gesorgt.
Dass Umweltminister Axel Vogel (Grüne) Wasser in diesen Wein goss, mag als schiefes Bild gelten. Doch wies er darauf hin, dass die Verbesserung relativ sei. Der Wald bleibe trotz kurzfristiger Erholung im langjährigen Vergleich deutlich geschädigt. Eine leichte Entspannung bedeute keine grundlegende Verbesserung, sagte er. Die Bäume lebten vor allem vom Niederschlag. Der Boden sei in 1,40 bis 1,80 Meter Tiefe immer noch sehr trocken. Nach wie vor würden die Wasserreserven für künftige Trockenzeiten fehlen.
Positiv sei die wesentlich geringere Zahl der Waldbrände. Nur ein einziger Waldbrand habe mehr als 100 Hektar erfasst, davon habe es im Vorjahr allein vier gegeben. Geschädigt werden die Wälder »in gewaltiger Dimension« durch illegale Müllablagerungen, weil dadurch Schadstoffe in den Boden gelangen. Zwar erwarten die Verursacher harte Strafen, aber sie werden selten erwischt.
Für Minister Vogel ist das Hauptmittel gegen eine weitere Schwächung des Waldes der »Waldumbau« hin zu Mischwäldern beziehungsweise zu Baumsorten, die besser mit Trockenheit umgehen können. Es sei auf die Vielzahl der desinteressierten Kleinwaldbesitzer zurückzuführen, dass man beim Waldumbau nicht schon viel weiter sei.
Gegen die nach wie vor dominierende Kiefer spricht aus Sicht Vogels ihre Hitzeempfindlichkeit. »Extremereignisse beim Wetter werden zunehmen.« Als ungünstig erweise sich bei der Kiefer weiterhin, dass sie einen extrem starken Wasserverbrauch habe und so die Neubildung von Grundwasser erschwere. »Die Kiefer gehört in den brandenburgischen Wald.« Aber zusammen mit anderen Baumarten.
»Wir wollen die Kiefer nicht weghaben, wir müssen sie aber stabiler machen«, sagte Michael Luthardt von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Wenn Eiche und Buche »schwächeln«, dann müsse man sich unter den anderen 30 heimischen Baumgehölzen nach Alternativen umsehen. Ahorn, Linde und Hainbuche würden sich vergleichsweise leicht vermehren. Doch gelinge die angestrebte »Verjüngung« der Wälder angesichts der nach wie vor viel zu hohen Zahl an Schalenwild (Rehe, Hirsche, Rotwild, Damwild) einfach nicht oder in einem viel zu geringen Maße. Gerade die Schößlinge der alternativen Sorten werden schlicht gefressen. »Der Wald wird verspeist«, sagte Luthardt, der von 2009 bis 2014 der Linksfraktion im Landtag angehörte und bei der Landtagswahl 2019 dann für die Grünen antrat.
- Die häufigsten Bäume in Brandenburg sind Kiefer (70,1 Prozent), Eiche (6,6 Prozent) und Buche (3,3 Prozent).
- 0,78 Prozent der Bäumen sind seit der vorangegangenen Erhebung abgestorben. Der langjähriger Mittelwert liegt bei 0,37 Prozent.
- Nur bei der Buche gibt es bei den ungeschädigten Exemplaren wiederum ein Minus von 2 Prozent.
- Es gab 244 Waldbrände auf einer Fläche von insgesamt 763 Hektar. Der größte Brand mit allein 688 Hektar war im Raum Jüterbog auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz zu verzeichnen.
- Für den Waldumbau in Brandenburg wurden dieses Jahr Fördermittel von der EU in Höhe von insgesamt rund 7,2 Millionen Euro bewilligt. krauß
Damit werde auch »das Geld der Waldbesitzer aufgefressen«, die sich um Nachwuchs auf ihren Waldflächen bemühen«. Er wolle die Rehe ja nicht »alle totschießen«, doch eine drastische Verringerung der Bestände sei nötig. Die Vermehrung der Wolfsbestände habe keinen Umschwung gebracht, das Rehwild sei einfach nur mobiler. »Denn jetzt hat es einen Feind«. Dass die jungen Triebe übermäßig vertilgt werden in Verbindung mit dem Stress des Klimawandels sei eine »teuflische Kombination«.
Wer 10 000 Euro benötige, um einen Hektar Jungwald einzuzäunen und damit für das Wild abzusperren, »der bekommt sie«, sagte Minister Vogel. Er muss einräumen, dass Saatgut für den Waldumbau im angestrebten und erforderlichen Umfang nicht bereitgestellt werden könne.
Neu ist, dass die Erhebung des Waldzustands künftig mittels Satellit unterstützt wird. Laut Expertin Ulrike Hagemann stellt das eine Ergänzung zur traditionellen Ermittlung dar, bei der mehr als 6600 Bäume im gesamten Bundesland aufwendig untersucht werden. Doch sei die Methode auf der Basis der Fernerkundung noch relativ unscharf und vor allem dazu geeignet, »größere Schadensereignisse wie Anomalien in Waldzustand« aufzunehmen. Einen Ersatz der traditionellen Ermittlung stelle das nicht dar.
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