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Klimaschonend unterwegs: Abends Schrippe, morgens Baguette
Neue Nachtzug-Verbindung von Berlin nach Paris und Brüssel gestartet
Abends in Berlin einschlafen und morgens in Paris auswachen – das ist ab Montag für Reisende mit dem Nachtzug möglich. Am Abend startet der erste Nightjet in Richtung französische Hauptstadt, nachdem es viele Jahre keine direkte Zugverbindung gab. Nachtzüge erleben in den letzten Jahren wieder einen Aufschwung als klimafreundliche Alternative zum Flugzeug, besonders von deutscher Seite gibt es aber wenig politischen Willen, das Konzept massentauglich zu machen.
Dreimal die Woche pendelt nun der Nachtzug zwischen Berlin und Paris. Montag-, Mittwoch- und Freitagabend geht es um 20.18 Uhr am Hauptbahnhof los, um halb elf soll der Zug am Folgetag in Paris ankommen. Am Abend geht es dann wieder zurück nach Berlin. Zwischenhalte sind in Halle (Saale), Erfurt, Frankfurt (Main) und Straßburg. Eine Hälfte des Zuges fährt zudem nach Brüssel mit Halt in Köln, Aachen und Lüttich.
Betrieben wird die Linie nicht etwa von der Deutschen Bahn (DB) oder der staatlichen Eisenbahngesellschaft Frankreichs (SNCF), sondern von den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Die Deutsche Bahn hatte 2016 ihr gesamtes Nachtzug-Angebot aufgrund mangelnder Rentabilität eingestellt. Der ÖBB-Konzern übernahm damals etwa 40 Prozent der DB-Strecken und viele Schlaf- und Liegewaggons.
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Die Österreicher sind treibende Kraft im aktuellen Revival der Nachtzüge. Investiert wird unter anderem in modernere Züge, die aber vorerst nur auf der Strecke Hamburg–Wien verkehren. Die ältere Baureihe der Nightjets ist nicht für das Hochgeschwindigkeitsnetz gebaut, vier Stunden dauert es allein von Straßburg bis Paris – die Schnellzüge TGV oder ICE brauchen dafür keine zwei Stunden.
Wenn aber sowieso geschlafen wird, sollte dies keinen großen Unterschied machen. Wer Geld hat, kann für die 14 Stunden lange Fahrt vom Fernseh- zum Eiffelturm zwischen Schlaf-, Liege- und Sitzabteilen in verschiedenen Größen wählen. Laut ÖBB sollen Sitzplätze schon ab rund 30 Euro zu haben sein, Liegen in Sechser-Abteilen ab rund 50 Euro. Teuerste Variante ist der Schlafplatz in einem Einzel-Abteil mit eigenem WC und Waschbecken, Frühstück und Weckservice ab rund 160 Euro.
In Wirklichkeit sind die Kosten aber je nach Verfügbarkeit höher, an manchen Tagen werden für Sitzplätze weit über 100 Euro, für Liegeplätze knapp 170 Euro und ein für Privatabteil mit vier Liegen auch mal knapp 700 Euro aufgerufen. Mit langfristiger Planung sind die Preise jedoch geringer.
Hauptargument für den Nachtzug ist der gegenüber dem Flugzeug geringere CO2-Ausstoß. Selbst wenn der CO2-intensive Ausbau der Bahntrassen dem Ausstoß angerechnet wird, ist ein Kilometer auf der Schiene noch weitaus klimafreundlicher als in der Luft. Damit Nachtzüge aber ein echter Faktor für die Klimabilanz des Europäischen Fernverkehrs werden, müssen sie massentauglich werden.
Die Basis dafür ist zunächst ein breites Angebot: »Wir bauen unser Netz kontinuierlich aus, natürlich können 21 Nachtzuglinien in Europa nicht alle Flugreisen ersetzen«, sagt Bernhard Rieder, Pressesprecher des ÖBB, zu »nd«. Für die neue Verbindung sind in den nächsten Wochen bereits viele Fahrten komplett ausgebucht. Bis Ende 2024 soll die neue Verbindung jeden Tag angeboten werden.
Ein weiterer Faktor sind die berüchtigten Pünktlichkeitsprobleme der Bahn, besonders wenn Anschlussverbindungen erreicht werden müssen. Auch wenn sie nicht von der DB betrieben werden, gab es auch bei Nachtzügen Probleme. Laut Daten der Plattform Zugfinder.de fanden sich 2021 in Deutschland, Österreich und der Schweiz gleich drei Nachtzüge unter den zehn Verbindungen mit den häufigsten Verspätungen. Laut Rieder hat dies zwei Gründe: »Aufgrund des langen Laufwegs und des Grenzübertritts sind Nachtzüge tendenziell verspätungsanfälliger«, erklärt er »nd«.
Wenn Angebot und Pünktlichkeit verbessert sind, werden Preis und Reisedauer über den Erfolg der Nachtzüge entscheiden. Auch wenn für den knapp zweistündigen Flug eine Stunde Weg zum Flughafen in Berlin, zwei Stunden Aufenthalt vor dem Abflug und eineinhalb Stunden vom Charles-de-Gaulle-Flughafen ins Stadtzentrum eingerechnet werden, ist er immer noch mehr als doppelt so schnell wie die 14-Stunden-Fahrt mit dem Nachtzug.
Wer aber im fahrenden Zug, womöglich mit fünf weiteren Passagieren im Abteil, schlafen kann und gerne den ersten Tag in Paris komplett genießen will, wird sich an der längeren Dauer weniger stören. Komfortabel wäre dabei aber ein Liegeplatz – wer rechtzeitig bucht, kommt so Anfang März schon für rund 70 Euro nach Paris. Mit Gepäck rangieren Flüge zu dem Zeitpunkt in einer ähnlichen Preisspanne.
Die Schiene kann also zumindest in diesem Feld mithalten – die Preise werden aber zunächst durch Subventionen ermöglicht. Frankreich bezuschusst allein die neue Strecke mit zehn Millionen Euro, in Belgien werden Nachtzügen teils die Trassengebühren erlassen und Österreich streicht für internationale Zugtickets die Umsatzsteuer. Das Netzwerk Back-on-Track, welches sich für einen Ausbau der Nachtzüge einsetzt, fordert für Deutschland vergleichbare Maßnahmen. Kritisiert wird ebenfalls die geringere Steuer auf Kerosin in Deutschland.
Das Verkehrsministerium ist jedoch weniger in Schwung: Ein Sprecher sagte zu »nd«, mit Fragen des Nachtverkehrs werde sich erst in den nächsten drei Jahren auseinandergesetzt. So lange laufen Projekte, die sich mit den Herausforderungen von Beschaffungsprozess und wettbewerblichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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