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Beim 1. FC Union ist die Champions League jetzt ein Tabuthema
Das internationale Ausscheiden gegen Real Madrid hat viel Gutes für die Berliner
Ein letztes Mal »FC Union international«. Das Lied, mit dem die Köpenicker nun schon im dritten Jahr durch Europa gezogen sind, wurde am Dienstagabend zum Abschiedssong – als die Fans im Berliner Olympiastadion die Mannschaft nach dem 2:3 gegen Real Madrid feierten. Mit der Niederlage im letzten Gruppenspiel der Champions League wurde gleichzeitig die mögliche Qualifikation für die Zwischenrunde Europa League verspielt. Im vorerst letzten Auftritt auf der internationalen Fußballbühne erkannte Unions Trainer Nenad Bjelica positive Zeichen für die Zukunft: »Wenn wir als Team spielen, können wir jeden Gegner schlagen.«
Gewonnen hat der 1. FC Union keine einzige Partie in der Königsklasse. Mit einem Sieg gegen Real hätten die Berliner in der Europa League überwintert; Neapel hatte mit dem 2:0 gegen Braga die Voraussetzung dafür geschaffen. Und möglich war ein Erfolg am Dienstagabend gegen den Rekordsieger der Champions League allemal. Klar, Madrid hatte das Spiel bestimmt und deutlich mehr Chancen herausgespielt – zur Halbzeit aber führte Union. Weil die Köpenicker wieder leidenschaftlich verteidigt hatten und gegnerische Fehler bestrafen konnten. Kaltschnäuzig nutzte Kevin Volland einen davon kurz vor dem Pausenpfiff zum 1:0.
Besonders bemerkenswert war, wie stabil Union trotz des großen gegnerischen Drucks blieb. Torwart Frederik Rönnow verhinderte zwar mehrere Großchancen, darunter ein gehaltener Elfmeter, die Gegentore zur jeweiligen Führung fielen in Halbzeit zwei dennoch etwas unglücklich. Beim Ausgleich durch Joselu hätten Referee und Videoschiedsrichter durchaus ein Foulspiel des Torschützen sehen können. Den beiden anderen Gegentreffern, erneut durch Joselu und Dani Ceballos, gingen jeweils unnötige Ballverluste der Berliner im eigenen Angriffsspiel voraus. Und so reiht sich der 1. FC Union nun mit nur zwei Punkten aus sechs Gruppenspielen in die Riege der schlechtesten deutschen Klubs in der Champions League ein. Aber auch da sind die Köpenicker in bester Gesellschaft: Der FC Bayern kam 2002, Borussia Dortmund 2017 nur zu zwei Unentschieden.
Jetzt sind die Königlichen und die Königsklasse Tabuthemen. »Wir dürfen nicht mehr über Real Madrid reden«, forderte Bjelica noch am späten Dienstagabend im Olympiastadion. Zwar wäre auch der Trainer gern noch länger durch Europa gereist, das Gute am Ausscheiden aber formulierte er überzeugend: »Wir haben jetzt den absoluten Fokus auf die Bundesliga.« Angesichts des Abstiegskampfes mit Platz 15 in der Bundesliga kann das europäische Aus hilfreich sein. Schließlich war der schwierige Spagat zwischen dem ausgerufenen Saisonziel Klassenerhalt und dem prestigeträchtigsten Klubwettbewerb auch ein Punkt, an dem Erfolgstrainer Urs Fischer gescheitert war.
Der Nachfolger von Urs Fischer saß bislang dreimal auf Unions Trainerbank. Nach dem 1:1 zum Einstand in Braga konnte er am vergangenen Wochenende mit dem 3:1 gegen Borussia Mönchengladbach die Serie von 16 sieglosen Spielen sofort beenden. Die Niederlage gegen Madrid bewertete Bjelica ebenso positiv: »In den letzten beiden Partien haben wir guten Fußball gespielt.« Nach »drei Toren in der Bundesliga und zwei gegen Real können wir mit Selbstvertrauen in die nächsten Spiele gehen.«
Am Sonnabend müssen die Berliner nach Bochum, vier Tage später kommt der 1. FC Köln in die Alte Försterei. Mit zwei Erfolgen gegen die zwei Kellerkinder könnte sich Union noch vor der kurzen Winterpause etwas Luft im Abstiegskampf verschaffen. Und für das neue Jahr macht Bjelica noch mehr Hoffnung: »Wenn wir etwas mehr Zeit zum Trainieren haben, werden wir noch besser.« Bislang hetzten der Coach und sein Team von Spiel zu Spiel; in der Rückrunde lenken weder der nationale Pokal noch internationale Termine vom Kerngeschäft ab.
Überzeugend ist schon das, was von Bjelica in der bislang kurzen Zeit zu sehen war. In die Köpfe der Spieler kam er anscheinend schnell, von einer durch die Negativserie angeknacksten Psyche ist auf dem Platz nichts mehr zu sehen. Und so lobte der Trainer am Dienstagabend dann auch die Charakterstärke seines Teams, das nicht nur gut mit dem großen Druck des Gegners umging, sondern durch Alex Kral sogar zum zwischenzeitlichen 2:2 ausgleichen konnte.
Wie Fischer kann sich auch Bjelica auf den Leidenswillen der Spieler verlassen. Gegen Madrid liefen die Berliner acht Kilometer mehr als der Gegner. Mit seinen neuen taktischen Ansätzen bringt der Kroate verlorene und auch bislang verborgene Stärken hervor. Gegen Gladbach verteidigte Union mit einer Viererkette, gegen Real standen fünf Abwehrspieler in der letzten Reihe. Diese Variabilität hatte das Team unter Fischer nicht, dessen System aber auch über lange Zeit erfolgreich war. Fleixibel zeigt sich Bjelica zuem beim Einsatz seiner Spieler: Während unter seinem Vorgänger Nationalspieler Robin Gosens die linke Seite beackerte, saß Jerome Roussillon meist nur auf der Bank. Bjelica lässt beide spielen, mit Erfolg.
Auch Neuzugang Kevin Volland fand keinen Platz im Fischer-System. Unter Bjelica blüht der ehemalige Nationalspieler auf – als steter Unruheherd, Vorlagengeber, Torschütze. Und das auf »verschiedenen Positionen«, wie sein Trainer lobt: »Ich bin froh darüber, einen Spieler wie Kevin im Team zu haben.«
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