Faeser unterzeichnet umstrittenen Abschiebedeal mit Georgien

Engere Zusammenarbeit in Migrationsfragen vereinbart

Es gilt nur ein kleines Teil im Maßnahmen-Puzzle zur von der Ampel-Koalition angestrebten Reduzierung »irregulärer« Migration: das Abkommen, das Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und ihr georgischer Amtskollege Wachtang Gomelauri am Dienstag in Tiflis unterzeichnet haben. Darin vereinbaren die Bundesrepublik und die kleine Republik im Südkaukasus mit 3,7 Millionen Einwohnern eine engere Kooperation in Migrationsfragen. Mitgereist war der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP).

Der Vertrag sieht unter anderem Informationskampagnen »über geringe Erfolgsaussichten von Asylanträgen georgischer Staatsangehöriger in Deutschland« vor. Zudem sind Maßnahmen zur Reintegration nach Georgien zurückgekehrter abgelehnter Asylbewerber geplant. Zugleich soll die Einwanderung von Fachkräften aus Georgien in die Bundesrepublik erleichtert werden. »Wir brauchen in vielen Branchen dringend Arbeitskräfte, das geht Georgien ähnlich«, sagte Faeser nach der Unterzeichnung.

Eine Abwanderung von Arbeitskräften nach Deutschland im großen Stil wird von der Regierung in Tiflis ausdrücklich nicht gewünscht. Die Vereinbarung sieht daher lediglich vereinfachte Antragsverfahren für Saisonarbeiter, deutsche Arbeitsangebote an im Ausland prekär beschäftigte Georgierinnen und Georgier sowie einen verstärkten Austausch von Studierenden, Auszubildenden und Forschern vor.

Nach Auskunft der mit Abschiebungen befassten Bundesbehörden kooperiert die ehemalige Sowjetrepublik, die seit Langem Mitglied der EU werden möchte, bereits »relativ gut« in Sachen Rücknahme seiner ausreisepflichtigen Staatsbürger.

Aus Sicht des Innenministeriums war die vergangene Woche im Bundesrat beschlossene Einstufung des kleinen Staates als »sicheres Herkunftsland« ein wichtiger Schritt, weil Klagen gegen einen ablehnenden Asylbescheid dann keine aufschiebende Wirkung haben. Das heißt, die Betroffenen dürfen zwar klagen, können aber trotzdem vor Ende des Gerichtsverfahrens abgeschoben werden.

Die Hilfsorganisation Pro Asyl und die Flüchtlingsräte der Bundesländer hatten die Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsländer prinzipiell kritisiert, da jeder Einzelfall sorgfältig geprüft werden müsse. In Georgien seien insbesondere nicht heterosexuelle Personen von Diskriminierung, Ausschlüssen und Angriffen betroffen, heißt es in einer Erklärung. Auch Journalisten und Künstler gerieten »in jüngster Zeit zunehmend unter Druck«. Die Vereine weisen darauf hin, dass Georgien in Belgien im Juli nach nicht einmal drei Monaten wieder von der Liste der sicheren Herkunftsländer genommen wurde, insbesondere wegen der gefährlichen Situation für LGTBIQ*-Personen.

Von Anfang Januar bis Ende November haben in Deutschland laut Bundesinnenministerium knapp 9000 Georgier einen Asylantrag gestellt, davon gut 8000 zum ersten Mal. In den vergangenen drei Jahren wurde georgischen Bewerbern in weniger als einem Prozent ein Schutzstatus gewährt. Nach Angaben aus Regierungskreisen belasten die Asylanträge von Georgiern die deutschen Behörden über Gebühr, zugleich machen sie 15 Prozent der abgelehnten Gesuche aus.

Bürgerinnen und Bürger aus der früheren Sowjetrepublik können seit 2017 für eine Dauer von drei Monaten ohne Visum in die Europäische Union reisen. Georgier, die in der EU einen Asylantrag stellen möchten, können also legal mit Bus oder Flugzeug einreisen.

Insgesamt haben in den ersten zehn Monaten dieses Jahres 304 000 Menschen und damit 60 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum erstmals in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Die meisten kamen aus Syrien (85 000), der Türkei und Afghanistan (jeweils 46 000) sowie dem Irak (10 500). Da zudem rund eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine untergebracht werden müssen, die keinen Asylantrag stellen mussten, will die Bundesregierung die Zahl er Einreisen reduzieren und mehr Menschen abschieben.

Ein wesentlich größeres Problem als einige Hundert Asylanträge von Georgiern ist für Deutschland indes, dass das Abkommen zwischen der EU und der Türkei, das den Zuzug Geflüchteter etwa aus Syrien und Afghanistan über die Türkei in die EU seit 2016 stark reduziert hatte, nicht mehr funktioniert. Es soll deshalb neu verhandelt werden.

Das Migrationsabkommen mit Georgien ist die zweite Vereinbarung dieser Art. Den ersten umfassenden bilateralen Vertrag zu Migrationsfragen hatte die Bundesregierung im Dezember 2022 mit Indien geschlossen. Deren Effekt ist allerdings überschaubar, vor allem was die Beschleunigung von Abschiebungen betrifft. mit dpa

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