Prag nach Attentat unter Schock

Amokläufer tötet auf Unicampus 14 Menschen. Das Motiv noch unbekannt.

  • Jindra Kolar, Prag
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Meer von Kerzen und Blumen bedeckt den Boden des Foyers und den Innenhof der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität. Das Gebäude am Jan-Palach-Platz, nur wenige Hundert Meter vom Altstädter Ring mit der berühmten Rathausuhr oder von der Karlsbrücke entfernt, war am Donnerstagnachmittag zum Schauplatz eines Amoklaufes geworden. Eine Viertelstunde vor 15 Uhr hatte der 24-jährige David K., ein Student der Geschichtswissenschaften aus Hostouň (Kreis Kladno), die Fakultät betreten und begonnen, aus mitgeführten Waffen um sich zu schießen. 14 Menschen ließen im Kugelhagel ihr Leben – bis zum Freitagmittag hatte die Polizei alle Opfer identifiziert: Es handelte sich um Studierende und Mitarbeitende der Universität, allesamt tschechische Staatsbürger. Unter den 25 Verletzten befanden sich drei Ausländer, ein Niederländer sowie zwei Bürger der Vereinigten Arabischen Emirate.

Wie die Polizei in einer Pressekonferenz am Freitagmorgen bekanntgab, konnten alle 14 Opfer identifiziert werden, darunter befand sich auch die Direktorin des Musikwissenschaftlichen Instituts. 13 der Opfer fanden noch am Ort des Geschehens den Tod, ein 14. Student erlag seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus. Wie ein Sprecher der Gesundheitsbehörden mitteilte, seien die Verletzten inzwischen jedoch in stabilem Zustand, niemand befinde sich mehr in Lebensgefahr.

Legale Schusswaffen und Munition

Unklar ist für die Ermittler noch das Motiv der Tat. Die Polizei hatte bereits im Verlauf des Donnerstags nach David K. gefahndet. In Hostouň hatte man im Wohnhaus des Täters die Leiche des Vaters gefunden, der ebenfalls erschossen wurde. Bei der Durchsuchung des Hauses erhielt die Ortspolizei Hinweise, dass der Gesuchte zu einem Vortrag an der Philosophischen Fakultät erwartet wurde und verständigte die Prager Kollegen. Bei deren Eintreffen an der Fakultät hatte K. seinen Amoklauf bereits begonnen.

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Die Ermittler waren den ganzen Donnerstagabend und in der Nacht zum Freitag im Einsatz. Bei der Pressekonferenz erklärten sie, dass David K. im Besitz von mehreren legalen Schusswaffen gewesen war und die Tat offenbar bereits des Längeren vorbereitet hatte: Im Gebäude der Fakultät fanden sich ein reichhaltiges Munitionsdepot sowie weitere Schusswaffen.

Professoren und Mitstudierende von David K. schilderten diesen als einen ruhigen und unauffälligen Studenten. Im vergangenen Sommer hatte K. seine Bachelorarbeit in Geschichtswissenschaften erfolgreich verteidigt; die Arbeit war ihrer guten Qualität wegen sogar mit einem Preis ausgezeichnet worden.

Psychische Auffälligkeiten hatte im Vorfeld niemand wahrgenommen. Im Nachhinein aber stießen Ermittler nach Befragungen des Täterumfelds auf Hinweise. Tagebucheinträge wie auch Seiten sozialer Medien, die der Täter besuchte, zeigten, dass er von »Schoolshootings« international beeindruckt war und Nachahmungsfantasien auslebte. Was letztlich der Auslöser für die jetzige Tat war, ist bislang nicht ermittelt. Ferner wird David K. möglicherweise auch für einen unmotivierten Mord an einem Vater und dessen fünfjähriger Tochter in einem Wald bei Klánovice unweit Prags verantwortlich gemacht.

Staatspräsident Petr Pavel und Ministerpräsident Petr Fiala zeigten sich von der Tat erschüttert und drückten den Angehörigen der Opfer und Verletzten ihr Mitgefühl aus. Für den heutigen Samstag ist Staatstrauer angeordnet. Die sonst so beliebten und belebten Weihnachtsmärkte am Altstädter Ring und auf dem Wenzelsplatz haben seit der Tat nur einen eingeschränkten Betrieb.

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