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Rekordgewinne in der Flaute
Inflation, hohe Zinsen, Kriege: Der Wirtschaft in Deutschland geht es nicht gut. Den großen Unternehmen allerdings schon
Die Wirtschaftsleistung in Deutschland stagniert, seit Monaten klagen Unternehmen über hohe Kosten und schwache Nachfrage und verlangen von der Politik Reformen. Nach den jüngsten verfügbaren Zahlen allerdings liefen die Geschäfte der deutschen Konzerne recht flott.
Von »düsterer Stimmung« schrieb das »Handelsblatt« vor einem Jahr, die Unternehmen seien für 2023 sehr pessimistisch. Berichtet wurde von Lieferkettenproblemen und Fachkräftemangel, beklagt wurden teure Energie, Bürokratie, steigende Löhne und Zinsen. Dazu passte eine Meldung von dieser Woche: Laut Berechnungen der Beratungsgesellschaft EY verzeichneten die 100 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen Deutschlands in den ersten neun Monaten 2023 insgesamt einen Umsatzrückgang um neun Prozent. Diese Nachricht stimmt zwar. Doch ist die Situation tatsächlich viel besser.
Laut EY lag bei 66 der Top-100-Unternehmen der Umsatz höher als im Vorjahreszeitraum, nur bei 34 ging er zurück. Dass der Gesamtumsatz der 100 Großen dennoch um neun Prozent oder 162 Milliarden Euro schrumpfte, lag an einigen Sondereffekten. Vom Umsatzrückgang über 162 Milliarden war allein Deutschlands größter Gashändler Uniper für 137 Milliarden verantwortlich. Ohne diesen Effekt hätte der Umsatz der Top-100 nur um 1,6 Prozent unter dem Wert von 2022 gelegen. Dabei gilt es zu bedenken, dass der Umsatz 2022 um gut 30 Prozent in die Höhe geschossen war. Per Saldo stehen die großen deutschen Unternehmen also derzeit deutlich besser da als im – guten – Jahr 2021.
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Autobauer mit Milliardengewinnen
Das Bild bestätigt sich bei Betrachtung der einzelnen Branchen. So ist der Umsatz der Energieversorger unter den Top-100 in den ersten neun Monaten 2023 laut EY zwar um 44 Prozent gesunken. Im Vorjahr war er aber auch im Zuge der Energiepreissteigerungen um 125 Prozent gestiegen. Relativ schlecht lief es dieses Jahr bislang auch für die Gesundheitsbranche, sie hatte in den Vorjahren aber massiv von Corona-Ausgaben profitiert – Biontech glänzte mit einer Umsatzrendite von 72 Prozent. Zu den Verlierern dieses Jahr gehören auch die Logistikunternehmen – 2022 hatten ihnen die Lieferkettenprobleme allerdings Umsatzzuwächse von fast 45 Prozent und »Traummargen« beschert, so EY. Eine Problembranche bleibt allerdings die energieintensive Chemie, wo der Umsatz um ein weiteres Fünftel einbrach.
Richtig gut lief es zwischen Januar und September 2023 für die Branche, deren Probleme im Rampenlicht stehen: die deutschen Autobauer. »Mit Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW belegen drei Autokonzerne die ersten drei Ränge im Umsatzranking«, so EY. Die Autoindustrie sei auch die einzige Branche, die im Vergleich zum Vorjahr ein zweistelliges Umsatzplus schaffte. Sie legte elf Prozent zu, den sonstigen Industrieunternehmen gelang dagegen nur ein Plus von fünf Prozent und den Handelsunternehmen von vier Prozent.
Zudem machten die Autokonzerne auch besonders hohe Gewinne. Bereits das Jahr 2022 war gut für sie gelaufen: Lieferkettenprobleme bremsten ihre Produktion und damit das Autoangebot auf dem Markt. Das machten sich VW & Co zu Nutze und verkauften vor allem hochprofitable Modelle, was ihre Gewinne nach oben hebelte. Für die ersten neuen Monaten des laufenden Jahres führt Volkswagen mit einem Gewinn von 16,2 Milliarden Euro das EY-Gewinnranking an – vor der Deutschen Telekom (15,6 Milliarden Euro), Mercedes Benz (15,3 Milliarden) und BMW (14,1 Milliarden). Insgesamt erzielte die Autoindustrie ein Plus von zehn Prozent beim Vorsteuergewinn (EBIT). Für die ganze Gruppe der Top-100 ergibt sich ein Rekordgewinn von 135 Milliarden Euro. Das ist fast ein Drittel mehr als in der Vorjahresperiode, in der allerdings die Riesenverluste von Uniper den Gesamtgewinn der Top-100 gedrückt hatte.
Teure Energie, geopolitische Spannungen, hohe Inflation, Lieferkettenprobleme – all das, was gemeinhin als Hindernis für die Wirtschaft besprochen wird, kennt also auch Gewinner, vor allem unter den Top-100. Sie sind sehr profitabel, von 100 Euro Umsatz blieben im Durchschnitt 8,30 Euro an Gewinn bei ihnen hängen. Damit »lag die Profitabilität etwa auf dem Vor-Pandemie-Niveau«, erklärt EY.
Gute Aussichten für 2024
In den vergangenen schwierigen Jahren seien die Gewinnspannen des europäischen Unternehmenssektors nicht zurückgefallen, stellt die französische Bank Natixis fest. Denn gestiegene Kosten konnten die Unternehmen auf ihre Preise aufschlagen. »Die Einkommensverluste seit 2019 wurde also vom Staat und den privaten Haushalten getragen, nicht von den Unternehmen.«
Für die nächsten Monate sieht es für die börsennnotierten Unternehmen nicht schlecht aus. Das reflektieren die Aktienkurse, die derzeit immer neue Rekorde erreichen, während die Bundesregierung Sparpakete beschließt. »Die Kurse werden von Unternehmensgewinnen gestützt«, erklärt die DZ Bank. An der Börse wird aktuell damit gerechnet, dass die 40 deutschen Dax-Konzerne 2024 ihren Gewinns pro Aktie um weitere fünf Prozent steigern.
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