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Spanien: Streiks bei Logistik-Riese Amazon
Mit teils unbefristeten Streiks kämpfen Lagerarbeiter für mehr Lohn
Viele Kinder in Spanien dürften am 6. Januar ihr Weihnachtsgeschenk vermissen – zumindest, wenn die Eltern es beim Online-Handelsriesen Amazon bestellt haben. Denn die baskischen Gewerkschaften ELA und LAB haben vor dem Dreikönigsfest die Beschäftigten dazu aufgerufen, das Logistikzentrum in Trapagaran (nahe Bilbao) ab Mittwoch für weitere drei Tage zu bestreiken. Bereits am 17. November hatten dort Ausstände begonnen. Die Gewerkschaften werfen dem Unternehmen vor, keine ernsthaften Verhandlungen zu führen.
Zahlen zur Streikbeteiligung lagen bis Redaktionsschluss noch nicht vor. LAB, die die Mehrzahl der Beschäftigten in Trapagaran vertritt, sprach von einem »vollständigen Stillstand der Produktion«, womit viele Lieferungen im Baskenland, in Kantabrien und Burgos wohl ausfallen. Vor den Toren kam es an den Streikposten zeitweise zu Rangeleien mit der Polizei.
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Laut Gewerkschaften hatten bereits bei den Ausständen im November 95 Prozent der Beschäftigten die Arbeit niedergelegt. Das Logistikzentrum sei damit faktisch lahmgelegt worden.
Vor den derzeitigen Streiks hatte die zuständige Zeitarbeitsfirma Manpower per Whatsapp und E-Mails gedroht, jene mit Sanktionen zu belegen, die nicht zur Arbeit erscheinen. Die Abwesenheit könne nicht mit Blockaden durch Streikposten begründet werden, hieß es. Denn der Zutritt zum Gelände sei gesichert.
Gegen das Vorgehen der Firma hatten die Beschäftigten in Bilbao bereits vergangene Woche unter dem Motto »Amazon befiehlt, Manpower unterdrückt« demonstriert.
Sie werfen den Firmen vor, das Streikrecht aushebeln zu wollen. Amazon habe bei Manpower 40 Beschäftigte als Streikbrecher angeheuert, erklärte der LAB-Vertreter Fernando Ortega. Er verwies darauf, dass das Arbeitsgesetz eine »vorübergehende Einstellung« von Arbeitern nach einer Streikankündigung verbiete. So soll das Streikrecht geschützt werden.
Neben dem Ausstand im Baskenland wird auch im andalusischen Sevilla bei Amazon die Arbeit niedergelegt. Dort befinden sich die Beschäftigten im Logistikzentrum »Dos Hermanas« seit dem 18. November in einem unbefristeten Streik. Nach Angaben der Gewerkschaft sollen sich bis zu 90 Prozent der etwa 1500 Beschäftigten an dem Ausstand beteiligen. Der US-Konzern beziffert die Zahl dagegen auf 25 Prozent.
Am Dienstag teilte die Gewerkschaft UGT mit, die den größten Teil der Belegschaft vertritt, dass ein erneutes Treffen zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat erfolglos geblieben sei. Der Streik werde darum weiter fortgesetzt.
Wie im Baskenland ist Amazon laut Gewerkschaften auch in Andalusien nicht zu Verhandlungen bereit. Der Betriebsratsvorsitzende Luis Miguel Manzano erklärte, Amazon habe über wirtschaftliche Fragen nicht einmal sprechen wollen.
Die Beschäftigten beklagen einen extremen psychischen und physischen Druck und werfen dem Konzern vor, geltende Tarifverträge zu unterlaufen. Es gebe viele Überstunden, die zudem kaum vergütet würden. Feiertage werte der Konzern als Ruhezeiten und die Zeit für Weiterbildung werde für normale Arbeitsprozesse genutzt. Rechne man das alles um, verdienten die Beschäftigten in Sevilla weniger als in anderen Logistikzentren des Konzerns, kritisiert Betriebsrat Manzano.
Konkret will die Gewerkschaft den Einstiegslohn erhöhen, der derzeit unter 1400 Euro monatlich und damit nur knapp 300 Euro über dem Mindestlohn von 1080 Euro liegt. Über eine Erhöhung des auch in Südspanien spärlichen Mindestlohns wird in der spanischen Regierung derzeit gestritten. Daneben kämpfen die Beschäftigten für eine Erhöhung des Jahresbonus, der in Sevilla 1400 Euro betrage, während in anderen Zentren 2000 Euro gezahlt würden.
Amazon beharrt dagegen darauf, dass die Beschäftigten mehr verdienten, als es der regionale Tarifvertrag vorsehe, und verweigert den Gewerkschaften darum derzeit Zugeständnisse. Der Streik in Andalusien dürfte sich also noch weiter fortsetzen. Und auch im Baskenland könnte es zu einem unbefristeten Streik kommen. Anders als die UGT verfügen ELA und LAB über Streikkassen, weshalb sich die Beschäftigten dort längere Ausstände leisten könnten.
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