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Vom Restaurant »Minsk« ins Museum

Einrichtungsgegenstände aus Potsdamer Traditionsgaststätte werden ab sofort ausgestellt

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

»Pikantny Grenki s Syrom«, steht in kyrillischen Schriftzeichen auf der Speisekarte. Auch die deutsche Übersetzung findet sich dort: pikanter Käsetoast. 2,75 Mark kostete eine Portion. Es ist eine originale Speisekarte aus dem fast schon legendären Potsdamer Terrassenrestaurant »Minsk«. Es war eine HO-Gaststätte. Für die Nachgeborenen: Die staatliche Handelsorganisation (HO) war in der DDR neben dem genossenschaftlichen Konsum die zweite Ladenkette, betrieb aber auch Restaurants. Das »Minsk« war dabei ein ganz besonderes Haus. Es servierte seinen Gästen belarussische Spezialitäten.

Das markante Gebäude am Hang des Potsdamer Brauhausbergs, das 1977 eröffnet wurde, hatten die Architekten Karl-Heinz Birkholz und Wolfgang Müller entworfen. Doch für die Inneneinrichtung sorgten Künstler aus der befreundeten belarussischen Sowjetrepublik mit der Hauptstadt Minsk. 190 Plätze gab es drinnen und weitere 120 Plätze draußen auf der Terrasse. Den Eingangsbereich mit Garderobe im Erdgeschoss zierte geflammter Marmor. Das Restaurant verzierten Schnitzereien aus dem Holz von 300 Jahre alten belarussischen Mooreichen. Auf den Tischen standen Lampen aus Kupfer und Glas – jede ein Unikat.

Die Gaststätte wurde nach der Wende geschlossen, das Gebäude rottete vor sich hin. Es war dem Abriss geweiht. Die Linke stemmte sich einst engagiert dagegen, hier noch ein Stück DDR aus dem Stadtbild zu tilgen. Die Rettung nahte dann mit dem Software-Milliardär Hasso Plattner. Der begeisterte sich für die klaren Linien der Ostarchitektur und kaufte 2019 das inzwischen überaus desolate »Minsk« von den Stadtwerken, denen auch die inzwischen abgerissene Schwimmhalle daneben gehörte. Das »Minsk« jedoch ließ Plattner sanieren und zur Galerie umbauen. Seit der Wiedereröffnung im September 2022 zeigt er dort Werke aus seiner DDR-Sammlung, die für die einzelnen Ausstellungen durch Leihgaben ergänzt werden.

Die alte Inneneinrichtung verblieb im Besitz der kommunalen Potsdamer Stadtwerke GmbH (SWP) und diese übergab an das Potsdam-Museum im vergangenen Jahr 256 Stücke, die im Depot eingelagert wurden und dort einen ganzen Raum füllen. »Wir möchten mit der Übergabe der Objekte helfen, die Geschichte des Restaurants ›Minsk‹ für die Stadtgesellschaft zu bewahren. Dafür ist das Potsdam-Museum der geeignete Ort«, erklärte die SWP-Hauptabteilungsleiterin Technik Ramona Löser-Fimmel.

Potsdams Kulturbeigeordneter Walid Hafezi (Grüne) findet, die Einrichtungsgegenstände seien ein wichtiges »kulturhistorisches Zeugnis der DDR-Zeit – und das im Besonderen mit Blick auf die belebte Diskussion zur Ostmoderne«.

Unter den Objekten befinden sich 15 der erwähnten Tischlampen. Eine ist restauriert ist und ab sofort in einer Vitrine im Museum am Alten Markt zu sehen. Sie steht dort neben der Statue eines Sowjetsoldaten und einem großen DDR-Emblem in einem Raum, der den Jahren von 1949 bis 1989 gewidmet ist. Beigelegt sind in der Virtine verschiedene Speisekarten. Dazu gibt es an der Wand eine Schautafel mit Fotos und erklärendem Text.

»Für uns ist der Neuzugang ein Glücksfall, denn im Potsdam-Museum wollen wir uns zukünftig verstärkt dem Alltag und der Geschichte der DDR widmen«, sagt Museumsdirektor Thomas Steller am Mittwoch. »Jetzt ist es möglich, eine kleine Präsentation zu dieser für die Stadt wichtigen Traditionsgaststätte in unserer stadtgeschichtlichen Ausstellung zu implementieren.«

Die nun gezeigte Tischlampe war technisch noch voll funktionstüchtig und musste auch nach so vielen Jahren nicht repariert werden. Sie leuchtet heute allerdings mit einer LED-Glühlampe, wie es sie damals noch nicht gab. »Das ist tolle Handwerkskunst«, schwärmt Konservator Oliver Max Wenske. Die Einrichtung sei seinerzeit komplett aus Belarus herangeschafft worden.

Wenske zufolge ist es nicht das erste Mal, dass sein Museum etwas aus dem Restaurant »Minsk« präsentiert. Anfang der 2000er Jahre habe man das Gästebuch erworben und ausgestellt. Das Stichwort lautet: »Der Kunde hat das Wort.« Gelernte DDR-Bürger werden sich erinnern. Es lag auch in den Geschäften der HO aus. In dem Exemplar für das »Minsk« findet sich Kritik an die Küche des Hauses. Darüber darf man sich heute nicht wundern. Lob war zwar genauso erwünscht, wurde aber allgemein seltener in solche Bücher eingetragen. Zufriedene Gäste gaben Trinkgeld und ließen es damit bewenden. Die Bücher »Der Kunde hat das Wort« waren dafür gedacht, Verbesserungsvorschläge zu machen. Manchmal änderte sich dann auch wirklich etwas.

Wie teuer eine der belarussischen Tischlampen gewesen ist? »Gar nicht zu erwerben«, stellt Vizemuseumschef Hannes Wittenberg klar.

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