Brandenburger Landwirtschaft: Markt regelt nicht

Brandenburgs Getreideproduktion bricht ein, ökologische Landwirtschaft scheint sich zu stabilisieren

Will man dieser Tage über Landwirtschaft sprechen, kommt man um die Bauernproteste nicht herum. So ist es auch am Freitagmorgen vor der alljährlichen Landwirtschaftsmesse Grüne Woche, wenn Vertreter*innen aus Wirtschaft und Politik in guter Tradition auf einer Pressekonferenz zusammenkommen, um über die Lage der Branche in Brandenburg zu informieren. Doch auf den Aspekt der weitergehenden Bedeutung, der tieferliegenden gesellschaftlichen oder ökomomischen Ursachen der Bauernproteste will sich niemand so wirklich einlassen. Es geht vor allem um die Frage: Wie steht die brandenburgische Landwirtschaft da und wie kann das regionale System innerhalb des globalen Marktes weiter bestehen?

Und da, sagt Brandenburgs Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne), stünden die Betriebe jenseits des Agrardiesels vor große Herausforderungen. »Der Klimawandel betrifft alle Ressorts und alle Berufsgruppen weltweit«, sagt Vogel. Klimaschädliche Subventionen müssten nachhaltig gestoppt werden, jedoch erst wenn Alternativen bereitstünden. »Vor dem russichen Angriffskrieg auf die Ukraine hat es eine Bereitschaft in der Bevölkerung gegeben, für regionale und ökologischen Produkte mehr zu bezahlen. Das hat sich jetzt gewandelt«, sagt Vogel und bezieht sich hierbei auf die allgemein gesunkene Kaufkraft.

Die Vorstandsvorsitzende des Agrarmarketingverbands Pro Agro, Hanka Mittelstädt, nimmt die Konsument*innen noch stärker in die Pflicht. Zwar erkennt sie an, dass nach dem dritten Krisenjahr in Folge die Verbraucher*innen verunsichert seien. Das sei mittlerweile kein Trend mehr, sondern ein Dauerzustand. »Große Discounter gewinnen. Kleine und mittelständische Betriebe verlieren Marktanteile und geraten in Existenzkrisen.« Trotz verschiedener Werbemaßnahmen in Kinos und im Fernsehen sei die Stimmung auch mit Blick auf 2024 unter den Landwirt*innen schlecht. Es werde mit keinen beziehungsweise geringen Neueinstellungen und Investitionen gerechnet. Schließlich sei es aber auch die Verantwortung der Verbraucher*innen, »die Lebensmittelproduktion nicht dem Sparwahnsinn zu opfern«, sagt Mittelstädt.

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Zuletzt habe es geheißen, dass ein Durchschnittsbetrieb in der vergangenen Saison 115 000 Euro Gewinn gemacht habe, so Landwirtschaftsminister Vogel. »Wir haben aber ganz unterschiedliche Strukturen«, sagt er und wirbt damit gegen einen simplen Blick, dass es der Branche vergleichsweise gut gehe. Es gebe Betriebe, die im Nebenerwerb sieben Kühe hielten und es gebe Betriebe mit 1000 Hektar Land, die 7000 Kühe hielten. Und: »Die letzten zwei Jahre waren gute Jahre, da sind die Betriebe aus dem Draufzahlen rausgekommen«, sagt Vogel.

Der zuletzt sehr medienpräsente Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg, zweifelt die kursierenden Zahl ganz an. »In Brandenburg haben die Betriebe im Unternehmerjahr 2021/22 pro Arbeitskraft 45 000 Euro verdient. Davon gehen dann noch Löhne und Kredite ab.« Zahlen für 2023 lägen nicht vor. Es sei mit einer leichten Steigerung auf 50 000 Euro zu rechnen, wohlgemerkt vor dem Hintergrund, dass sich »die Kostenspirale nach wie vor dreht«. Und Wendorff witzelt: »Bis ein Landwirt unter den reichsten Deutschen gelistet ist, müssen wir noch warten.« Das Geld werde eher bei den Handelspartnern in der Lieferkette verdient. »Warum richtet sich der Frust gegen die Politik und nicht gegen die Handelsketten?«

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Schwierig seien zurzeit die Schüttgüter, also die Getreidewirtschaft. »Die Märkte sind voll, es hat einen Erlösrückgang von 30 Prozent gegeben«, sagt Wendorff. Die Ukraine habe zugleich Rekordgewinne erwirtschaftet. Es gelten für Importe von außerhalb der EU Regeln, die für die Ukraine teilweise außer Kraft gesetzt worden seien. Genaue Daten habe Wendorff nicht, doch es sei nicht von der Hand zu weisen, dass Ware aus der Ukraine auf dem europäischen Markt sei. Mittelfristig bräuchte es eine andere Lösung, denn: »Jedes Korn, das auf den Markt kommt, belastet die Märkte

Angesprochen auf die Bauernproteste sagt Wendorff: »Uns und einem Großteil geht es um die zwei genannten Forderungen: vollständige Rücknahme der Kürzungen bei den Subventionen zum Agrardiesel und bei der Kfz-Steuer.« Diese politischen Maßnahmen seien eine Initialzündung für Unmut aus welcher Quelle auch immer gewesen. Weiter sagt er: »Es gibt einen anderen großen Teil, der will mehr Stabilität in der Agrarwirtschaft, mehr Wettbewerbsfähigkeit.«

Die scheint sich nach zuletzt schlechten Jahre nun für die ökologische Landwirtschaft einzustellen. Man habe offenbar eine Talsohle durchschritten, sagt Michael Wimmer, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg. »Der Bio-Absatz in der Region ist bis September 2023 um 4,9 Prozent gestiegen – vor allem Vollsortimenter und Discounter profitieren.« Auch für den Fachhandel erwarte er für 2024 eine positive Umsatzentwicklung. Der Flächenanteil des ökologischen Landbaus sei ebenfalls gestiegen, sodass »20 Prozent Biofläche bis Ende 2024 erreichbar« seien, sagt Wimmer.

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