Juri Knorr und Kollegen begeistern bei der Handball-EM

Die DHB-Auswahl schlägt Nordmazedonien mit 34:25 und verzückt mit dem zweiten Sieg im zweiten Spiel die Fans

Es läuft! Zweites Spiel, zweiter Sieg – für die deutschen Handballer ist diese EM bisher ein Spaziergang. Am Sonntagabend bezwangen Juri Knorr und Kollegen die Auswahl Nordmazedoniens in Berlin mit 34:25 und versetzten die Fans in der Arena am Ostbahnhof und vor den Bildschirmen in beste Laune. Die Hauptrunde der Europameisterschaft hat die Auswahl des Deutschen Handballbundes schon vor dem Dienstagsspiel gegen Olympiasieger Frankreich erreicht. Das Wintermärchen kann kommen.

Nicht einmal Olaf Scholz konnte die Stimmung der 13 571 Handballfans in der Arena trüben: Als der Hallensprecher beim Stand von 9:4 in der 14. Minute nach einer Auszeit die Anwesenheit des »Chancellor of the Federal Republic of Germany« als Ehrengast verkündete, ging ein kräftiges Buhen durch die Reihen; manch einer versuchte zu erahnen, wo der Regierungschef wohl sitzen möge. Es war unangenehm. Doch weil die Nordmazedonier schnell das nächste Tor erzielten, wandten sich die Menschen unverzüglich wieder dem Erfreulichen zu: dem Geschehen dort unten, »auf der Platte«, wie sie beim Handball sagen.

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Und dort gab es von Anfang an nur Grund zum Jubeln. Nach 45 Sekunden traf der ungestüme Kreisläufer Johannes Golla nach einem direkten Zuspiel zum 1:0. Den Ausgleich zum 1:1 ließen die deutschen Handballer noch zu, aber fortan zogen sie unmissverständlich ihr Spiel gegen die Nordmazedonier durch. 5:2, 9:4, 13:7, die DHB-Auswahl hielt die Gäste schon in den ersten 30 Minuten auf Abstand.

Zwar parierte Stamm-Keeper Andreas Wolff diesmal kaum einen Ball, nur einen von elf genau genommen, weswegen der Bundestrainer Alfred Gislason schon in Halbzeit eins den U21-Weltmeister David Späth einwechselte, der sich bravourös schlug. Aber die Abwehr um Julian Köster und Johannes Golla stand felsenfest, die Außen blieben treffsicher und Spielmacher Juri Knorr zauberte im Zentrum, dass es eine Freude war: No-look-Pässe, Schlagwürfe, Drehungen, Aufsetzer-Zuspiele durch die Beine des gegnerischen Abwehrspielers an den Kreis (getunnelt, würde man im Fußball sagen) und nicht zuletzt Tore, Tore, Tore. Deutschland zog schon zur Halbzeit auf 18:13 davon, allein sieben Treffer gingen dabei auf das Konto des 23 Jahre alten Rückraumspielers vom Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen, den sein Mitspieler Ruhne Dahmke später als »Dreh- und Angelpunkt des deutschen Spiels« preisen sollte.

Den zweiten Spielabschnitt nutzte der Bundestrainer Alfred Gislason, um auch den Spielern aus der zweiten Reihe Turniersicherheit zu verschaffen: Spieler wie Justus Fischer, Christoph Steinert oder Philipp Weber kamen zu Einsatzzeiten und Treffern. Das Fehlen von Rückraumroutinier Kai Häfner, der wegen der Geburt seines Kindes zu seiner Frau heimgereist war, konnten Renars Uscins und Nils Lichtlein gut auffangen. Als die Uhr auf 60:00 Minuten stand und Juri Knorr den abschließenden Siebenmeter zum 34:25 verwandelte, tobte die Halle. Die EM-Party ist im Gange. »Es war ein bisschen wie ein Freundschaftsspiel«, staunte auch der aus Island stammende Gislason nach der Schlusssirene. »Fast wie eine Feier.«

Sein Trainerkollege aus Nordmazedonien, Kiril Lazarov, zeigte sich nach der Niederlage von den Gastgebern schwer beeindruckt und attestierte den deutschen Handballern, sie seien »fast auf dem Level Frankreichs«. Gislason freute sich über das Lob, warnte aber vor Übermut: »Wir müssen gegen Frankreich das beste Spiel der letzten Jahre zeigen.« Das Team des Olympasiegers, auf das die deutschen Handballer am Dienstagabend in Berlin treffen, sei »extrem gut in jedem Bereich« und habe eine »Wahnsinnsbank«.

Ein Remis gegen den Rekordweltmeister würde den Deutschen für den Gruppensieg reichen, denn die Equipe um Handball-Superstar Nikola Karabatic verpatzte in Berlin am Sonntagnachmittag ihr zweites Vorrundenspiel: Gegen die Schweiz kam das Team nicht über ein 26:26 hinaus. Nationaltrainer Guillaume Gille gelobte nach der Niederlage am Sonntag Besserung: Deutschland sei bekannt als Turniermannschaft, die sich steigern könne. »Wir werden die Challenge annehmen«, kündigte er an.

Nach dem Kanzler am Sonntag tangierte die Politik die Handballer am Montag erneut – in Form der Bauernproteste. Um nicht in unverhofften Traktorstau zu geraten, musste die Halle gewechselt werden. »Wir haben die Trainingseinheit, die wir heute auf dem Programm haben, in eine alternative Halle verlegt, sodass wir einen ganz, ganz kurzen Anreiseweg haben, der uns von sämtlichen Bauernprotesten fernhält«, so DHB-Sportvorstand Axel Kromer. Volle Konzentration auf das letzte Vorrundenspiel.

Für die Deutschen wird das Frankreich-Match am Dienstag die erste echte Härteprobe bei diesem Turnier: Ist das Team so gut, wie es sich bisher präsentierte? »Es wird sich zeigen, wie reif und erwachsen wir sind«, meinte auch Juri Knorr, der am Sonntagabend nach seinem spektakulären Auftritt zum »Player of the match« gewählt worden war. Vor Frankreich hat er zumindest Respekt: »Da sind viele Jungs dabei, die für mich Vorbilder und Idole sind. Es wird ein krasses Spiel.«

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