Bahn-Tarifauseinandersetzung: Die DB »trickst und täuscht«
Lokführergewerkschaft kündigt sechstägigen Streik an und fordert die Bahn zu ernsthaftem Angebot auf
Mit der Ankündigung einer weiteren Arbeitsniederlegung hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) auf ein neues Angebot der Deutschen Bahn (DB) reagiert. Der Ausstand beginnt an diesem Dienstag um 18 Uhr zunächst bei der Gütersparte DB Cargo. Am Mittwochmorgen folgen dann der Personenfern- und -nahverkehr. Der Streik soll am kommenden Montag um 18 Uhr beendet werden. Bestreikt wird zudem die City-Bahn Chemnitz. Bei der Deutschen Bahn sind neben Lokführern und Zugbegleitern auch Fahrdienstleiter und Werkstattmitarbeiter zum Streik aufgerufen, denn die GDL will diese Berufsgruppen in ihre Tarifabschlüsse einbeziehen.
Auf einer Pressekonferenz am Montag bezeichnete der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky das Bahn-Angebot als Mogelpackung. Deren Verhandlungsführer Martin Seiler »trickst und täuscht auch die Bahnkunden«. Die Bahn biete eben keine verpflichtende Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich an, sondern lediglich eine Wahlmöglichkeit mit Lohnabzug. Und das auch nur für eine Stunde pro Woche und erst ab 2026. Außerdem wolle die Bahn das davon abhängig machen, ob bis dahin genug neue Mitarbeiter eingestellt werden könnten. Und das sei »für uns keine Verhandlungsbasis«.
Weselsky verwies auf die jüngsten Tarifabschlüsse bei 18 Schienenverkehrsunternehmen mit rund 10 000 Schichtdienstbeschäftigten, und »in den kommenden Wochen wird es weitere Abschlüsse geben«. Wer das »wie Herr Seiler als PR-Gag der GDL abtut, der hat sie offenbar nicht mehr alle«, so Weselsky. Seine Gewerkschaft kämpfe seit 2011 für ein einheitliches Niveau der Entlohnungen und Arbeitsbedingungen auf dem gesamten Schienenverkehrsmarkt, und das mit Erfolg. Man werde nicht zulassen, dass ausgerechnet der bundeseigene Marktführer DB das jetzt unterlaufe. Dazu habe man sich auch in den Abschlüssen mit den anderen Unternehmen verpflichtet. Diese sähen eine Absenkung der Wochenarbeitszeit mit vollem Lohnausgleich für Schichtarbeiter in drei Stufen von 38 auf 35 Stunden, eine Lohnerhöhung um 420 Euro pro Monat in zwei Stufen sowie einen Inflationsausgleich von 3000 Euro vor. Dies sei notwendig, um Schichtdienstberufe für Nachwuchskräfte wieder attraktiver zu machen.
Der GDL-Vorsitzende betonte ferner, dass man darauf beharre, außer den Lokführern und Zugbegleitern auch andere Schichtdienstberufe im Eisenbahnbetrieb in einen Tarifvertrag einzubeziehen. Auch das lehnt die Bahn AG bislang kategorisch ab. Das tangiere grundgesetzlich garantierte Gewerkschaftsrechte, so Weselsky. Und solange der Konzern diese infrage stelle, sehe er auch keine Grundlage für eine Schlichtung in dem Tarifkonflikt. Falls die Bahn bei ihrer Verweigerungshaltung bleibe, könne es nach der jetzigen, sechstägigen Arbeitsniederlegung auch »weitere und noch längere Streiks« geben.
Der nun angekündigte Streik ist der vierte im laufenden Tarifkonflikt. Im November und Anfang Dezember legte die GDL zunächst bei zwei 24-stündigen Warnstreiks große Teile des Personenverkehrs lahm. Bei einer Urabstimmung, deren Ergebnis am 19. Dezember verkündet wurde, votierten 97 Prozent der Mitglieder für unbefristete Streiks zur Durchsetzung ihrer Forderungen. Nach dem von der GDL verkündeten »Weihnachtsfrieden« begann dann am 10. Januar ein dreitägiger Streik. Die DB hatte versucht, diese Arbeitsniederlegungen durch Eilklagen zu verhindern und wollte der GDL generell die Tariffähigkeit absprechen lassen, da diese mit einer genossenschaftlichen Leiharbeitsfirma auch als Arbeitgeber agiere. Doch das Unternehmen scheiterte mit diesem Versuch sowohl beim Arbeitsgericht Frankfurt als auch in der zweiten Instanz beim Hessischen Landesarbeitsgericht.
Die Bahn kritisierte die erneute Streikankündigung der GDL: »Die DB setzt auf Kompromisse, die GDL verschärft maßlos den Konflikt«, erklärte ein Sprecher. Die Gewerkschaft handele »absolut unverantwortlich«. Der GDL-Streik »trifft die deutsche Wirtschaft inmitten einer ohnehin schweren Rezessionsphase und gefährdet die Sicherheit der Energieversorgung während der Heizperiode«, hieß es weiter. Stark betroffen seien auch Schlüsselbranchen wie die Stahl-, Automobil- und Chemieindustrie sowie die Hafenlogistik und der Pakettransport.
Rückendeckung für den Konzern kommt auch von Bundesverkehrsminister Volker Wissing: Der Tarifkonflikt zwischen Bahn und GDL nehme »zunehmend destruktive Züge an«, sagte der FDP-Politiker im »Morgenmagazin« von ARD und ZDF. Für den erneuten Streik habe er »null Verständnis«. Er glaube auch nicht, »dass Herr Weselsky sich und seiner Gewerkschaft mit diesem Stil einen Gefallen tut«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.