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Schuldenbremse: Auf dem Rücken der Ärmsten
Cornelia Möhring und Andreas Bohne über Kürzungen für die Entwicklungshilfe
Die Ausgaben für Krisenprävention, Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit sollen »wie bisher im Maßstab eins-zu-eins wie die Ausgaben für Verteidigung steigen«. So steht es im Koalitionsvertrag der aktuellen »Fortschrittskoalition«. Vor TV-Kameras lassen Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) keine Gelegenheit aus, um ihre Verbundenheit mit den Menschen in den Ländern des globalen Südens zum Ausdruck zu bringen.
Die Realität aber ist eine andere. Der Haushalt der Ampel-Koalition, der am Freitag beschlossen werden soll, zeigt: Von der 1:1-Vereinbarung ist keine Rede mehr. Ganz im Gegenteil: Die Hilfen für die Ärmsten der Armen werden in Rekordausmaß zusammengestrichen.
Nimmt Berlin 2024 mehr als 85 Milliarden Euro für die Bundeswehr in die Hand, um in Zeiten von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine der Nato-Übereinkunft nachzukommen, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Armee auszugeben, ist die internationale Verpflichtung, 0,7 Prozent des Inlandsproduktes für die Entwicklungspolitik bereitzustellen, in weite Ferne gerückt. Das Budget des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wird auf 11,22 Milliarden Euro gekürzt: 940 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Die humanitäre Hilfe im Etat des Auswärtigen Amtes (AA) wird um rund 500 Millionen Euro auf 2,23 Milliarden Euro gestutzt.
Cornelia Möhring ist Sprecherin für Entwicklungspolitik der Linken im Bundestag. Andreas Bohne leitet das Afrika-Referat der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Rot-Grün-Gelb hat bei Entwicklungspolitik und humanitärer Hilfe in zwei Jahren schon jetzt 3,5 Milliarden Euro gekürzt. Allein beim Welternährungsprogramm fallen nächstes Jahr 20 Millionen Euro weg. Und das Kürzen geht bis zur nächsten Bundestagswahl weiter: In vier Jahren Scholz-Regierung werden die BMZ-Mittel um fast ein Viertel weniger sein. Das legt die Finanzplanung fest, die ebenfalls diese Woche verabschiedet wird. Bei der humanitären AA-Hilfe sind es dann fast ein Drittel weniger. Zum Mitschreiben: 25 Prozent weniger Hilfe für Hungernde, Arme, Kleinbäuerinnen, für Schwangere. 30 Prozent weniger Hilfe für Menschen auf der Flucht vor Krieg, Dürren, Klimakrise, Erdbeben und Vertreibung.
Was die FDP schon lange beabsichtigte, nämlich dem BMZ den Geldhahn abzudrehen, wird heute durch die Zaungäste SPD und Grüne möglich. Studien zu jüngsten Hilfsprogrammkürzungen durch die britische Regierung haben wenig überraschend ergeben, dass durch Budgetkürzungen im reichen Norden noch mehr Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika als sonst durch Hunger, Krankheit und mangelnde Gesundheitsversorgung vom Tode bedroht sind.
Entwicklungspolitik ist wie jede Politik im Spätkapitalismus kritikwürdig, Stichworte: Paternalismus und Eurozentrismus. Es braucht dennoch mehr Entwicklungspolitik, nicht weniger: zur Unterstützung für sozio-ökonomische Transformationen, für klimaschützende Energieerzeugung weltweit, für globale Gerechtigkeit. Die Schuldenbremse in Deutschland verhindert genau das. Sie muss abgeschafft werden, weil sie auch außerhalb von Europa zu mehr Not und Ungerechtigkeit führt.
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