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Berlin Friedrichshain: Tatort Wohnungsbordell

Wegen Mordes an einer Prostituierten stehen zwei Männer vor Gericht

  • Jule Meier
  • Lesedauer: 4 Min.
Vor Gericht gestanden zwei Männer, eine Prostituierte überfallen zu haben. Sie starb an den Folgen der Tat.
Vor Gericht gestanden zwei Männer, eine Prostituierte überfallen zu haben. Sie starb an den Folgen der Tat.

Im Prozess um den Tod an einer Prostituierten hat ein Angeklagter am Donnerstag seine Tat teilweise gestanden. Der 47-jährige Somchai L. steht wegen heimtückischen Mordes und Raub mit Todesfolge vor dem Kriminalgericht in Tiergarten. Mitangeklagt ist der 35-jährige Chen C. wegen gemeinschaftlichen Raubes und versuchten Mordes. Der Prozess startete am Dienstag, am Donnerstag äußerten sich die Angeklagten vor Gericht.

Somchai L. wurde nur wenige Tage nach der Tat festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Chen C. wurde im Oktober inhaftiert und wenige Wochen später freigelassen. C. spricht Deutsch, während für die Kommunikation mit L. eine Dolmetscherin vor Gericht anwesend war.

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Bei dem 55-jährigen Opfer handelt es sich um eine Frau, die in der Nacht vom 16. auf den 17. April 2023 in einem Wohnungsbordell in Friedrichshain arbeitete. C. kannte das Opfer, da er sie laut eigenen Aussagen an Prostitutionsdienstleistungen vermittelte. Seinen mutmaßlichen Komplizen L. kannte C., da sie zusammen in einem Restaurant arbeiteten.

Laut L. hätten die beiden vor der Tat über finanzielle Probleme gesprochen. Auch C. erwähnt Schulden in Höhe von »30 bis 40 000 Euro«. Um diese zu begleichen, habe Chen C. seinen Kollegen Somchai L. überredet, sich als Freier in dem Wohnungsbordell auszugeben, wo er als Vermittler tätig war, um Bargeld zu klauen. C. schaltete dazu in der Nacht auf den 17. April die Videoüberwachung im Bordell aus.

L. gab vor Gericht zu, das Opfer einmal geschlagen zu haben, sodass es zu Boden fiel. Anschließend habe er die am Boden liegende Frau geschlagen und getreten. Das Opfer starb an den Folgen massiver Verletzungen.

Laut eigenen Aussagen habe er C. über die Schläge informiert und gebeten, einen Krankenwagen zu holen, als die Frau noch am Leben war. C. leugnet das, L. hätte ihm weder von den Verletzungen erzählt noch gebeten, einen Krankenwagen zu rufen. Er habe wenige Stunden später vom Tod des Opfers erfahren. Beide sagen, einen Mord an der Frau nicht beabsichtigt zu haben. L. ist nach eigenen Angaben in seiner Jugend im Thaiboxen ausgebildet worden, praktiziere den Sport aber seit 2012 nicht mehr.

L. gab an, lediglich 25 Euro in der Wohnung gefunden zu haben. Das Geld habe er an C. übergeben.

Ernestine Pastorello, Mitbegründerin der Sexarbeitenden-Fraktion der Freien Arbeiter Union Berlin, sprach gegenüber »nd« von einem »Schock in der Community« im Zusammenhang mit dem Mord. Sie selbst fände Deutschland aufgrund der rechtlichen Situation »vergleichsweise« sicher für Sexarbeitende, zumindest sicherer als die USA, wo sie sechs Jahre lang illegalisiert als Sexarbeiterin tätig war. Sie engagiert sich für die Entkriminalisierung von Sexarbeit, damit »weniger Morde« geschehen, erzählt Pastorello auf Englisch.

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In Berlin gab es laut Aussagen der Senatsverwaltung für Gleichstellung gegenüber »nd« bis zum 14. Dezember 2023 2084 Personen, welche nach dem Prostitutionsschutzgesetz gemeldet waren. Außerdem zählt die Verwaltung derzeit 114 legale aktive Betriebe, darunter 94 Prostitutionsstätten und 20 Prostitutionsvermittlungen. Zwangsprostitution als Form von Menschenhandel wird in Deutschland strafrechtlich verfolgt, ebenso die Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei. Seit 2002 ist Prostitution in Deutschland nicht mehr sittenwidrig, sondern als Beruf anerkannt. Dadurch können Prostituierte legal ein Entgelt erwirken. Seit 2017 greift das Prostituiertenschutzgesetz, welches die Pflicht zur Gesundheitsberatung und die Anmeldung als Prostituierte sowie die Erlaubnispflicht für Prostitutionsgewerbe beinhaltet.

Die feministische Debatte um die Frage, wann Sexarbeitende Gewalt erfahren und ob Sex käuflich sein darf, ist kompliziert. Abolitionistische Aktivist*innen fordern Sexkaufverbote mit der Begründung, dass es kein Recht auf Sex gäbe, die Arbeit für den Großteil der Prostituierten per se gewaltvoll ist und Schutzkonzepte nur schwer anwendbar. Diese Argumentation bezieht sich auch auf ein inhärent patriarchales Milieu, denn in der Regel kaufen Männer den weiblichen Körper. Abolitionistische Stimmen werfen auch die Frage auf, wie frei sich die meisten Prostituierten tatsächlich für Sexarbeit entscheiden.

Dem gegenüber stehen liberalere Stimmen aus der Sexarbeit, die nicht selten in Arbeitskontexten wie dem Escort tätig sind. Sie argumentieren häufig auf der Grundlage des »ältesten Gewerbes der Welt« und der Selbstbestimmung über den eigenen Körper, auch in Bezug auf die Wahl der Arbeit. Diese Argumentation versucht auch auf der rechtlichen Ebene Sexarbeit zu entstigmatisieren.

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