Tesla vor Betriebsratswahl: Unruhe in Grünheide

IG Metall will demokratische, gerechte Betriebsratswahl bei Tesla und beantragt deren Verschiebung

Dem Autobauer Tesla stehen in seiner Gigafactory in Grünheide im Landkreis Märkisch-Oderland Betriebsratswahlen ins Haus. Schon vorab zeichnet sich ab, dass es eine umkämpfte Wahl werden könnte. So wurde am Dienstag bekannt, dass sich die Industriegewerkschaft IG Metall vor Gericht dafür einsetzt, die Wahl zu verschieben. »Wir begrüßen die zweite Betriebsratswahl bei Tesla in Deutschland sehr«, erklärt Bezirksleiter Dirk Schulze per Pressemitteilung. »Wir wollen aber, dass es dabei fair, gerecht und demokratisch zugeht.«

Bisher war vorgesehen, zwischen dem 18. und 20. März zu wählen. Dies hatte laut einem Bericht der »Märkischen Oderzeitung« der Wahlvorstand am 31. Januar beschlossen. Die IG Metall will nun erreichen, dass die Wahl später stattfindet und hat dafür eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht in Frankfurt (Oder) eingereicht. Der Antrag ziele auf den Neustart der Wahl zu einem späteren Zeitpunkt ab, erklärt ein Sprecher der Gewerkschaft »nd«, zur »Herstellung von Chancengleichheit, und weil es keinen Zeitdruck gibt«.

Die Chancengleichheit sei zurzeit nicht gegeben, da Tesla das Werk bis zum 11. Februar weitgehend »stillgelegt« habe. Tesla hatte den Produktionsstopp mit Lücken in der Lieferkette begründet: »Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Roten Meer und die damit verbundenen Verschiebungen der Transportrouten zwischen Europa und Asien über das Kap der Guten Hoffnung wirken sich auch auf die Produktion in Grünheide aus.«

Die Frist, um Wahlvorschläge einzureichen, endet am 15. Februar. Demnach bleiben den Beschäftigten lediglich vier Tage, um gut von ihrem passiven Wahlrecht Gebrauch zu machen, also »sich abzusprechen, Kandidat*innen aufzustellen und Listen zu bilden«, wie es ein Sprecher der IG Metall im Gespräch mit »nd« formuliert. Das betreffe vor allem die Produktionsbeschäftigten. »Es gibt keinen akzeptablen Grund, durch völlig unnötige Hektik hierbei einzelne Beschäftigtengruppen zu benachteiligen«, schreibt die IG Metall. Als Kandidat*innen kommen alle festangestellten Mitarbeiter*innen in Frage, die mindestens 18 Jahre alt sind und von mindestens 50 Kolleg*innen gestützt werden. Gerade um letzteres zu organisieren, scheinen vier Tage knapp bemessen.

Laut Betriebsverfassungsgesetz ist der Wahlvorstand, der für die Durchführung der Wahl verantwortlich ist, vom bestehenden Betriebsrat zu bestellen. In der Regel läuft das über das gewöhnliche Beschlussverfahren, in dem der Betriebsrat per Mehrheitsbeschluss Beschäftigte zum Wahlvorstand bestimmt. Laut dem Sprecher der IG Metall besteht der Betriebsrat bei Tesla zurzeit aus 19 Mitgliedern. Es gebe auch IG-Metall-Mitglieder im Betriebsrat, doch die Mehrheit von zehn Gremiumsmitgliedern wie auch die Vorsitzende seien der Gigavoice-Liste zuzurechnen.

Dass sich das in der Arbeit des Betriebsrats niederschlägt, liegt nahe. So positioniert sich dann auch seine Vorsitzende Michaela Schmitz, eine Managerin, auf einer Linie mit dem Management, zum Beispiel bei der Ablehnung von Tarifverträgen. »Wir sind nah an der Belegschaft dran. Unsere Geschwindigkeit geht verloren, wenn wir von außen beeinflusst werden«, hatte sie Anfang des Jahres der Deutschen Presse-Agentur gesagt und sich damit klar gegen die IG Metall gestellt. Wie »Business Insider« berichtete, hatte das Gremium außerdem weniger Betriebsversammlungen abgehalten, als das Gesetz vorsieht. 2022 sei die Belegschaft nur zu einer Versammlung zusammengekommen, vier sind vorgeschrieben.

Auch das Verhalten des Betriebsrats bei der Gestaltung der andauernden Produktionspause zog Kritik der Gewerkschaft auf sich. Laut IG Metall hat der Betriebsrat mit der Werksleitung vereinbart, dass die ersten zwei Tage zur Hälfte vom Arbeitszeitkonto abgezogen werden können. Die Gewerkschaft kritisierte, dass das unternehmerische Risiko auf die Beschäftigten abgewälzt werde, statdessen sei der Verdienstausfall zu 100 Prozent zu begleichen. Dem RBB zufolge sind es vor allem Batteriekomponenten aus China, die die Verzögerungen bedingen. Nachdem die USA eine enormes Wirtschaftsförderungsprogramm (Inflation Reduction Act) beschlossen hatten, legte Tesla seinen Plan, eine eigene Batterieproduktion in Grünheide zu realisieren, auf Eis.

Das Betriebsverfassungsgesetz sieht Wahlen alle vier Jahre vor. Der erste Betriebsrat war in Grünheide 2022 gewählt worden. Da sich aber seitdem die Betriebs- und Beschäftigtenstruktur derart gravierend verändert hat, wird bereits dieses Jahr im Frühling neu gewählt. Mittlerweile arbeiten fast 12 500 Menschen in der Fabrik. 2022 waren es dem IG-Metall-Sprecher zufolge maximal 3000. »Bei der ersten Wahl vor zwei Jahren waren die meisten Beschäftigten noch gar nicht bei Tesla. Daher konnten sie bei der Premiere auch nicht an der Betriebsratswahl teilnehmen und nicht über den derzeit amtierenden Betriebsrat mitbestimmen«, heißt es in der Mitteilung der IG Metall. Dass die unternehmensnahe Gigavoice-Liste mit Manager*innen, Teamleiter*innen und Ingenieur*innen die Wahl gewann, führt die Gewerkschaft auf den niedrigen Anteil an Produktionsbeschäftigten zurück, deren Perspektive im Gremium demnach unterrepräsentiert ist. Die anstehende Wahl, bei der es um 39 Plätz geht, will die IG Metall gewinnen. Wann über den Antrag auf eine einstweilige Verfügung entschieden wird, war bis zum Redaktionschluss am Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) noch nicht entschieden.

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