Bushido: Weicher werden

Bushido wechselt die Karriere

  • Ralf Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
Vom Westberliner Bordstein bis hin zur Skyline von Dubai: Bushido
Vom Westberliner Bordstein bis hin zur Skyline von Dubai: Bushido

Nach weit über 100 Verhandlungstagen in einem insgesamt dreieinhalb Jahre dauernden Mammutprozess sprach das Landgericht Berlin am Montag Arafat Abou-Chaker von dem Vorwurf der Körperverletzung und anderer Straftaten frei. Beschuldigt hatte ihn sein ehemaliger Kompagnon Anis Mohamed Youssef Ferchichi, besser bekannt als Bushido. Der in Bonn geborene Rapper warf seinem ehemaligen Manager schwere räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung, Nötigung sowie gefährliche Körperverletzung und schwere Untreue vor. Das Gericht verurteilte Abou-Chaker letztlich aber nur, weil dieser heimlich Gespräche mitgeschnitten hatte.

Nun ist sie also endgültig vorbei, die bekannteste zeitgenössische Liaison zweier Berliner Straßenjungs. Aufgewachsen dort, wo die Streets keinen Namen haben, aber zumindest Credibility versprechen, verschmolzen sie einst zu einer erfolgreichen Beutegemeinschaft, der es nicht nur gelang, jene gesellschaftlichen Mauern einzureißen, die sie im Inneren festhielten, sondern auch die ganz realen. Eine Grundvoraussetzung für integrationswillige Rabauken. um überhaupt das Sonnenlicht auf dem Gesicht zu spüren. Ihr gemeinsamer Weg ging vom Westberliner Bordstein bis hin zur Skyline von Dubai. Eine Buddyromanze inklusive biografischer Verfilmung. Sie scheffelten Millionen, stiefelten gemeinsam über rote Teppiche und trennten sich wie ein Paar aus der High Society: vor Gericht. Die Boulevardpresse war als treuer Begleiter immer an ihrer Seite. Doch zum großen Finale, zur Urteilsverkündung, war Bushido gar nicht mehr angereist. Er verweilt derzeit mit seiner Familie im sonnigen Dubai.

»Eine versuchte räuberische Erpressung scheidet aus rechtlichen Gründen aus«, erklärte Richter Martin Mrosk bei der Urteilsverkündung. Abou-Chaker habe aus Sicht des Gerichts von finanziellen Ansprüchen seinerseits ausgehen können. Zeugen, die die Version von Bushido untermauerten, gab es ebenso wenig wie eindeutige Beweismittel. Keine Glaubhaftigkeitskriterien stützten die Anklage zweifelsfrei, so der Richter weiter. Der angebliche Wurf einer PET-Wasserflasche in Richtung Bushido ist also kein Verbrechen. Glaubwürdigkeit ist die Währung, mit der im Deutschrap bezahlt wird. Dahingehend ist Bushido längst Bankrott. Seine Flucht in die Arme des Boulevards ist nur Ausdruck der Tatsache, dass die Street Credibility längst aufgebraucht ist und ein neues Vermarktungsmodell benötigt wurde. Der einst so harte Junge macht nun auf Spießer.

»Bushido & Anna-Maria – Alles auf Familie« nennt sich die Schmonzette, in der Bushido bei einem luxemburgischen TV-Sender seinen neuen Lebensabschnitt vermarktet. »Nahaufnahme eines Rap-Stars am Scheideweg seines Lebens«, säuselt der Untertitel das Sujet zurecht. Die Dokumentation richtet sich an ein Zielpublikum, das einst selbst die homophoben, antiamerikanischen und frauenverachtenden Parts von Bushido lauthals mitgrölte. Seine letzten Fans waren es auch, die das in die Länge gezogene Gerichtsdrama mit Spannung verfolgten. Für alle anderen war es ein Prozess um eine Lappalie. Dass Bushido jetzt eine Karriere als Liebling aller Schwiegermütter anpeilt, ist die Fortführung seiner Karriere mit anderen Mitteln. Für genügend Stoff ist auch gesorgt. Der Rosenkrieg zwischen Arafat Abou-Chaker und Anis Mohamed Youssef Ferchichi könnte noch in eine weitere Runde gehen. Denn dem Kammergericht liegt noch ein Fall vor, wonach Abou-Chaker knapp 1,8 Millionen Euro plus Zinsen an Bushido zurückzahlen soll. Und vor dem Oberlandesgericht in Brandenburg (Havel) streiten sich die beiden um Ausgleichszahlungen für Häuser, die sie gemeinsam in Rüdersdorf erworben hatten.

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