Feindbild Israel: »Cancel culture« über den Wolken?

Qatar Airways hält es nicht für nötig, den jüdischen Staat auf ihrem Kartenmaterial abzubilden. Über die Beweggründe schweigt die Airline sich aus

Auf dem Bordcomputer von Qatar Airways ist kein Platz für israelische Städte.
Auf dem Bordcomputer von Qatar Airways ist kein Platz für israelische Städte.

»Reisen bildet«, lautete ein Diktum der Aufklärung, das sich weiterhin großer Beliebtheit erfreut. In Zeiten von Klimakrise und Flugscham wird die Floskel auch heute noch gerne bemüht, ob vom Tui-Pauschalreisenden oder der Rucksacktourist*in, die lieber jenseits der ausgetretenen touristischen Pfade unterwegs ist.

Kürzlich fand auch ich mich auf einem Interkontinentalflug wieder, ausgestattet mit der festen Überzeugung, dass sich der Bildungscharakter meiner Reise wohl eher am exzessiven Konsum des Unterhaltungsprogramms an Bord festmachen ließe. Nach Genuss des x-ten Hollywood-Blockbusters, den ich in den vergangenen Jahren im Kino zu schauen verpasst hatte, stöberte ich also im Dämmermodus durch das weitere Angebot, bis ich an dem Ausschnitt der Weltkugel kleben blieb, der den weiteren Flugverlauf anzeigte.

Kein Platz für israelische Städte auf der Landkarte

Ankara, Beirut, Gaza City, Cairo den nach und nach aufploppenden Städtenamen zu entnehmen, musste sich der Flieger irgendwo auf dem Weg zwischen Europa und Arabischer Halbinsel befinden. Doch etwas an der Anordnung schien mir merkwürdig zu sein. Waren vielleicht nur die Hauptstädte der umliegenden Staaten angezeigt? Nein, schließlich tauchte auch das ägyptische Luxor auf. Dann vielleicht nur diejenigen, in denen sich auch ein Flughafen befindet, suchte das vom langen Wachsein bereits etwas ermattete Gehirn, nach einer weiteren Erklärung.

Doch auch das eine Fehlannahme. In Folge des von Yitzhak Rabin und Jassir Arafat unterzeichneten Gaza-Jericho-Abkommens erlebte der Gazastreifen zum Ende des vergangenen Jahrtausends zwar eine kurze Phase der Prosperität, zu der 1998 ebenfalls die Eröffnung des Gaza International Airports bei Rafah gehörte.

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter

Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

Allerdings wurde dieser im Jahr 2001 während der Zweiten Intifada von Israel bereits wieder unbrauchbar gemacht, als das Land über Jahre hinweg mit Selbstmordattentaten terrorisiert wurde, verübt von Gruppen wie Hamas, Islamischer Dschihad und den al-Aqsa-Brigaden der damals im Gazastreifen noch herrschenden Fatah.

Der Jude unter den Staaten

Das war die Ursache meiner Irritation! Auf der Landkarte des kleinen Bordcomputers, angebracht auf der Rückseite meines Vordersitzes, tauchten weder Jerusalem als Hauptstadt noch Tel Aviv als israelische Stadt mit einem Flughafen auf. Selbst hier, in einer Höhe von 30 000 Fuß über dem Meeresspiegel schien Israel also ein Störfaktor zu sein. Doch auf Nachfrage bei der Qatar Airways sind deren Gründe für das canceln des »Juden unter den Staaten« (Léon Poliakov) leider nicht zu erfahren.

Dafür hallen mir als Lehre dieser Reise noch länger die Worte des US-amerikanischen Autors Reif Larsen nach. Dieser schrieb: »Eine Karte zeichnet nicht nur etwas auf, sie entschlüsselt und formuliert Bedeutung; sie schlägt Brücken zwischen hier und dort, zwischen unterschiedlichen Ideen, von denen wir vorher nicht wussten, dass sie miteinander verbunden sind.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -