Letzte Generation überschreitet eine Grenze – zum Parlament

Die Gruppe will auf den Wahlzettel der EU-Wahl. Klingt nach Verrat, könnte die Bewegung aber trotzdem weiterbringen. Den Versuch ist es wert

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 2 Min.

Gegenüber der neuen Strategie der Letzten Generation ist Skepsis nicht unangebracht. Die Klimagruppe möchte sich ins Europäische Parlament wählen lassen. Aus Perspektive der Bewegung klingt das schwer nach Verrat: Schließlich ist das Parlament Teil des Systems, das bekämpft werden muss. Und Veränderung passiert auf der Straße. Dagegen wendet die Letzte Generation ein, dass sie ja auch auf der Straße bleiben wird, zukünftig quasi zweigleisig fährt. Und dass sie mitnichten vorhat, sich im Parlament brav an die Regeln zu halten, im Gegenteil: Man werde dort Widerstand leisten.

Nichtsdestotrotz wird damit eine Grenze überschritten. Die Parlamentsitzung stören kann man schließlich auch von den Zuschauerrängen aus, indem man alle Einfahrten blockiert, durch Sabotage- oder Kunstaktionen. Muss man sich dafür wirklich wählen lassen? Ist nicht die Wahl an sich schon ein Seitenwechsel? Darauf gibt es keine Antwort, da eine Bewegung keine Gesetze hat.

Fakt ist: Die Letzte Generation gehörte noch nie zum systemkritischen Teil der Klimabewegung. Die Forderungen, die sie stellt, sind gut im Parlament verhandelbar. Während das Bündnis Ende Gelände nicht weniger als das Ende des fossilen Kapitalismus fordert, geht es bei der Letzten Generation um einen »gerechten Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis 2030« – nicht ums System. Insofern ist der Schritt über die Grenze für die Gruppe gar nicht so groß. Und dass die Gruppen so unterschiedlich sind, kann die Bewegung nur weiterbringen. Aktivismus im Parlament ist immerhin mal was Neues, das so noch nicht probiert wurde.

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