- Berlin
- Bauernproteste
Der Handschlag mit den Bauern gilt
Ministerpräsident Woidke verkündet Einigung über Ausgleichszahlungen und Blühstreifenprogramm
Landwirte blockieren am Montagmorgen in Frankfurt (Oder) den Grenzübergang ins polnische Słubice und protestieren damit einmal mehr gegen geplante Kürzungen der Bundesregierung bei den Agrarsubventionen. Die Aktionen in der Innenstadt führen am Vormittag zu Verkehrsbehinderungen. Am Nachmittag treffen sich dann Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), Umweltminister Axel Vogel (Grüne) und Finanzministerin Katrin Lange (SPD) mit dem Landesbauernpräsidenten Henrik Wendorff und Vertretern der Kreisbauernverbände. Sie vereinbaren dabei Entlastungen.
»Wir haben heute besprochen, dass die Ausgleichszulage bis 2027 erhalten bleiben und das Blühstreifenprogramm über 2026 hinaus fortgeführt werden soll«, informierte Ministerpräsident Woidke nach dem Treffen. Er nannte die Proteste der Landwirte gegen Kürzungen des Bundes »nachvollziehbar« und bekräftigte einmal mehr: »Wir hoffen, dass diese Kürzungen rückgängig gemacht werden.«
Brandenburgs Bauern haben es schwer. Denn in der sprichwörtlichen »märkischen Streusandbüchse« sind die Böden von geringerer Qualität als anderswo. Sie sind längst nicht so ergiebig wie der fruchtbarste Boden in Deutschland, der in der Magdeburger Börde zu finden ist. Die Ausgleichszulage soll die Nachteile auffangen, von denen 80 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Brandenburg betroffen sind. Die Zulage zu zahlen, kostet für die Jahre 2026 und 2027 insgesamt 49 Millionen Euro. 32 Millionen Euro kommen von der EU, den Rest muss das Bundesland beisteuern. Das Blühstreifenprogramm schlägt mit fünf Millionen Euro pro Jahr zu Buche. Das Geld wird an Bauern verteilt, die beim Plügen ihrer Ackerflächen einen Rand stehen lassen. Dort blühen dann Pflanzen, die für das Überleben von Insekten notwendig sind. Es ist ein Beitrag zum Artenschutz.
»Ich habe meinen Handschlag gegeben und in Brandenburg gilt immer noch ein Handschlag«, erklärt Bauernpräsident Wendorff. »Die Kraft von der Straße in die Verwaltung zu bringen, war heute der richtige Moment«, findet er. »Ich würde mir eine ähnliche Herangehensweise auch auf Bundesebene wünschen.«
Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.
Sich am 12. Februar in der Potsdamer Staatskanzlei zu treffen, das hatten beide Seiten bereits am 18. Januar am Rande der Agrarmesse Internationale Grüne Woche in Berlin vereinbart. Da war die Zielrichtung schon klar. Aber die notwendigen Millionensummen liegen ja nicht einfach so in einer Ecke rum, erklärt Ministerpräsident Woidke am Montag, was unterdessen noch zu klären war.
Bereits in sechs bis acht Wochen will man sich noch einmal zusammensetzen und über Entbürokratisierung reden. Das Thema sei jetzt schon angesprochen worden, erläutert Woidke. Doch konkrete Maßnahmen seien noch nicht verabredet. Dafür benötige man eine weitere Runde. Woidke sichert aber jetzt schon einmal zu: »Alles, was nach Überbürokratisierung riecht, was Doppelarbeiten bedeutet, kommt auf den Prüfstand.«
Umweltminister Vogel nennt ein Beispiel: Die Tierbestände werden derzeit noch mehrfach erhoben. Die Bauern müssen die Stückzahlen ihres Viehs an verschiedene Stellen melden, was sich bei einem Zugriff auf Datenbanken vermeiden ließe. Dann müssten die Bauern sich nur einmal bemühen.
Ministerpräsident Woidke versichert: »Brandenburg steht zu seiner Landwirtschaft.« Denn: »Unsere Landwirtschaft ist mit rund 38 000 Beschäftigten eine tragende Säule der Wirtschaft.« Ohne die Bauern würde es Woidke zufolge kein starkes Brandenburg geben. Sie seien »Herz und Rückgrat der ländlichen Räume« und »ein gutes Stück unserer Kultur«. Der Ministerpräsident ist auf einem Bauernhof in der Lausitz aufgewachsen. Er ist von Beruf Agraringenieur und hat in diesem Fach einen Doktortitel erworben. Von 2004 bis 2009 war er Landwirtschaftsminister.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.