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Millionensummen für Wahlgeschenke

Brandenburgs Koalitionsfraktionen präsentieren ihre Pläne für den Nachtragshaushalt

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Tarifparteien des öffentlichen Dienstes haben »gut verhandelt« und die Gehaltssteigerungen für die Angestellten werden auf die brandenburgischen Beamten übertragen. Das teilte SPD-Landtagsfraktionschef Daniel Keller mit, als er gemeinsam mit den Vorsitzenden der beiden anderen Koalitionsfraktionen CDU und Grüne am Dienstag die Änderungen am Nachtragshaushalt des Landes Brandenburg vorstellte. Von den 225 Millionen Euro, die das Änderungsprogramm der Koalition beim Nachtragshaushalt vorsieht, sollen allein 209 Millionen als Einkommenssteigerung den Staatsdienern zufließen.

Das Hauptmotiv für das Aufstellen eines Nachtragshaushalts war laut Keller das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Herbst vergangenen Jahres. Die Richter hatten entscheiden, dass 60 Milliarden Euro, die im Bundeshaushalt des Jahres 2021 als Kredit für die Bekämpfung der Corona-Pandemie erlaubt waren, nun nicht einfach für Klimaschutzmaßnahmen ausgegeben werden dürfen. Deswegen habe man sich die mit dem Brandenburg-Paket vorgesehene Neuverschuldung noch einmal kritisch betrachten müssen und beispielsweise die 76 Millionen Euro zur Bezuschussung des 49-Euro-Tickets aus dem Paket herausgenommen, erläuterte Keller.

Insgesamt sei das Brandenburg-Paket von zwei Milliarden Euro auf 1,6 Milliarden gekürzt worden. Neun Millionen Euro seien für die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber vorgesehen. Mit weiteren neun Millionen werden die Gehälter in all den Vereinen und Einrichtungen erhöht, für die das Land sich zu einer institutionellen Förderung verpflichtet hat, also etwa Theater und Museen. Wie Keller ergänzte, wird der Verfassungsschutz 18 Stellen mehr erhalten. Der Landesrechnungshof wird mit zwei zusätzlichen Stellen ausgestattet.

Laut CDU-Fraktionschef Jan Redmann werden 21 Millionen Euro in den Aufbau eines zweiten Standorts der Feuerwehr-Ausbildung in Wünsdorf fließen. Bisher gibt es schon die Landesfeuerwehrschule in Eisenhüttenstadt. Redmann bezeichnetes den durch ungenügende Kapazitäten aufgelaufenen Ausbildungsstau bei der Freiwilligen Feuerwehr als »erheblich«. Er unterstützte die personelle Verstärkung des Verfassungsschutzes. Der Rechtsextremismus sei aktuell größte Gefahr, aber auch Antisemitismus und Israelfeindlichkeit würden zunehmen. »Noch nie war die Zahl von Extremisten in Brandenburg so groß wie heute.«

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Redmann begrüßte die Initiative von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Geldquellen für rechtsextreme Organisationen offenlegen zu lassen. Für die Grünen sagte Fraktionschefin Petra Budke, man finanziere Demokratieprojekte nochmals mit mehr Geld. Die vorhandenen Träger seien derzeit nicht in der Lage, alle Anfragen zu bedienen. Budkes Ko-Fraktionschef Benjamin Raschke unterstrich, es handle sich beim Nachtragshaushalt nicht um die Verteilung von »Geschenken« vor der Wahl. »Wir tun, was notwendig ist.« Am 9. Juni stehen in Brandenburg die Kommunal- und die Europawahl an, am 22. September die Landtagswahl.

Nach Einschätzung des oppositionellen Landtagsabgeordneten Péter Vida (Freie Wähler) handelt es sich aber sehr wohl um Wahlgeschenke. Für die Linksfraktion betonte der Vorsitzende Sebastian Walter, die Gehälter im öffentlichen Dienst seien keineswegs »köstlich«. Er erwähnte das Beispiel eines Polizisten, der mit 1800 Euro netto auskommen müsse. Walter legte einen Antrag unter der Überschrift »Neiddebatte beenden und gute Löhne durchsetzen« vor. Ziel ist ein »Tarifaktionsplan« der Landesregierung. Sebastian Walter warf Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) vor, mit seinen das Bürgergeld betreffenden Kürzungsfantasien die Armen gegen die Ärmsten auszuspielen und sich auf Kosten der Schwächsten profilieren zu wollen.

Auf den Einwand hin, dass die Landesregierung zwar auf die Höhe der Gehälter im öffentlichen Dienst, nicht aber auf die in der freien Wirtschaft Einfluss habe, sagte Walter, man könne die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Einhaltung von Tarifverträgen binden. Eine Tariftreueklausel war auch Gegenstand des 2019 abgeschlossenen Koalitionsvertrags, wurde jedoch nicht eingeführt. Schon bei der Bezahlung von Sicherheitspersonal und Servicekräften im Landtagsgebäude werde der Tarif nicht beachtet, kritisierte Walter. Das Land hätte ihm zufolge auch die Möglichkeit, bei der Bewilligung von Fördermitteln die Tariftreue zur Bedingung zu machen. Die Linke mahnt, die inflationsbedingten Mehreinnahmen des Staates nicht zu »bunkern«, sondern sie via Sozialpolitik den Bürgern »zurückzugeben«.

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