Streit um Posten lähmt Landesverfassungsgericht in Berlin

Weil sechs der neun Berliner Landesverfassungsrichter noch nicht neu gewählt wurden, muss Volksentscheid warten

  • Moritz Lang
  • Lesedauer: 3 Min.

Schon Mitte 2021 hätten sechs der neun Richterposten am Berliner Verfassungsgericht neu besetzt werden müssen. Nach Ablauf ihrer siebenjährigen Amtszeit sind fünf der Verfassungsrichter*innen nur noch kommissarisch tätig; eine Stelle ist unbesetzt, seit dem Antrag auf Entlassung der Juristin Margarete von Galen im Oktober vergangenen Jahres stattgegeben wurde. Sie empfinde es als »Respektlosigkeit des Abgeordnetenhauses gegenüber der Institution des Verfassungsgerichtshofs«, dass seit der Wiederholung der Berliner Landeswahlen Anfang 2023 noch keine Nachfolge gewählt wurde, sagte von Galen gegenüber dem RBB.

Es ist üblich, dass die stärkste Fraktion des Abgeordnetenhauses zu Gesprächen über die Neubesetzung einlädt. Da dies bis Januar nicht geschehen war, sprachen Linke und Grüne Mitte Januar in einem Brief selbst eine Einladung aus. Die Gespräche zwischen den Fraktionsspitzen liefen nun, so ein Sprecher der Linken. Noch ist unklar, wann mit Vorschlägen an das Landesparlament zu rechnen ist. Das Gericht ist aktuell noch arbeits- und beschlussfähig – wenn weitere Richter*innen zurücktreten, könnte sich dies jedoch ändern.

»Noch nie gab es eine so lange Amtszeitüberschreitung von so vielen Richtern in Bund oder Ländern«, sagt Sebastian Schlüsselburg, Sprecher für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten der Berliner Linksfraktion. Unter Rot-Grün-Rot habe man nach der Wahl 2021 mit der Neubesetzung warten wollen, damit das Gericht zunächst die Wahl selbst überprüfen konnte.

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Für eine Neubesetzung ist eine Zweidrittelmehrheit nötig, dazu bräuchten die Regierungsparteien aktuell nur die Grünen. Diese wollen aber, dass auch Die Linke einbezogen wird. Es ist üblich, dass alle Parteien bis auf die AfD mit eingebunden werden und die Anzahl der von den Parteien vorgeschlagenen Richter grob den Sitzverhältnissen entspricht. Die drei regulär amtierenden Richter*innen wurden von SPD, CDU und Linke nominiert.

Streit gibt es jetzt wohl darüber, ob Die Linke einen der sechs Vorschläge einbringen darf. Wahrscheinlich ist, dass CDU und Grüne je zwei und die SPD eine Personalie vorschlagen können – das entspräche etwa ihrem jeweiligen Anteil im Parlament. Rechnerisch wäre die verbleibende Personalie von der AfD vorzuschlagen. Die übrigen Parteien sind sich aber einig, die AfD nicht in die Gespräche einzubinden. Dann ist allerdings nicht eindeutig, wer proportional zu den Sitzen im Parlament nun den Posten besetzen darf. Wenn die Regierungsparteien den Vorschlag für die sechste Stelle machen würden, hätten sie eine Zweidrittelmehrheit im Gesamtgremium des Verfassungsgerichts.

Die Initiative Volksentscheid Berlin Autofrei sieht sich durch die Verschleppung behindert. Seit eineinhalb Jahren warte man nun auf die verfassungsrechtliche Prüfung des Gesetzentwurfs, so Benni Wasmer, Sprecher der Initiative. Die freigestellte von Galen sei für die Prüfung verantwortlich gewesen, durch ihre ersatzlose Kündigung müsse sich die neue Zuständige erst einarbeiten.

»Wir hoffen auf eine baldige Entscheidung, können aber verstehen, wenn das Gericht wartet – die Schuld liegt beim Senat«, sagt Wasmer. Über die neuen konservativeren Kräfteverhältnisse im Gericht nach der Neubesetzung mache man sich keine Sorgen: »Wir vertrauen darauf, dass das Gericht nach Recht und Gesetz und nicht nach persönlichen Vorlieben entscheidet.«

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