Enteignung nur nach Initiativen-Modell machbar

Landesrechnungshof legt Bericht zu Auswirkungen einer Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen vor

  • David Rojas Kienzle
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Votum ist hart: »Im Ergebnis sieht der Rechnungshof daher keine Möglichkeit, eine Vergesellschaftung mit vertretbaren Risiken umzusetzen.« Der Landesrechnungshof hat am 5. März seinen Bericht zu den Auswirkungen einer Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen auf den Landeshaushalt veröffentlicht. Dabei wiederholt er bereits im April letzten Jahres vor der Expert*innenkommission geäußerte Bedenken.

Der Rechnungshof macht auf 30 Seiten vier verschiedene Szenarien für angenommene 240 000 zu enteignende Wohnungen auf: Zwei, die eine Enteignung unterhalb des Verkehrswerts der zu vergesellschaftenden Unternehmen voraussetzen und zwei mit verkehrswertorientierten Entschädigungssummen von bis zu 36 Milliarden Euro. Die Zahl ist umstritten, denn die Marktkapitalisierung des gesamten Vonovia-Konzerns mit seinen 500 000 Wohnungen beträgt nur 21 Milliarden. Der Rechnungshof kommt zum Schluss, dass eine Enteignung nach Verkehrswert nur durch Zuschüsse aus dem Landeshaushalt und enorme Mietsteigerungen zu finanzieren sei und die Handlungsfähigkeit der Landesregierung langfristig einschränken würde. Eine Vergesellschaftung mit Entschädigung unterhalb des Verkehrswerts verwirft der Rechnungshof wegen möglicher rechtlicher Risiken.

»Mit dem Bericht übergeht der Landesrechnungshof die Expertenkommission«, sagt Ralf Hoffrogge, Sprecher der Initiative Deutsche Wohnen & Co Enteignen (DWE), im Gespräch mit »nd«. Die Kommission habe schon im letzten Jahr bestätigt, dass Vergesellschaftung haushaltsneutral möglich sei, so Hoffrogge weiter. »Sie geht davon aus, dass eine Entschädigung unter Marktwert nicht nur legal, sondern zwingend ist: eine Entschädigung darf Vergesellschaftung nicht unmöglich machen, sonst würde Artikel 15 des Grundgesetzes ausgehebelt«, führt er aus. Der Artikel 15 des Grundgesetzes besagt, dass Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel in Gemeineigentum überführt werden können.

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Die Expert*innenkommission war vom Senat eingesetzt worden und sollte »Möglichkeiten, Wege und Voraussetzungen der Umsetzung« des erfolgreichen Volksentscheids DWE prüfen. Die Mehrheit des vor allem aus Jurist*innen bestehenden Gremiums sah keine bundes- oder landesverfassungsrechtlichen Hürden für die Vergesellschaftung von Wohnungen.

Wenn man die Einschätzung der Expert*innenkommission miteinbezieht, lässt der Bericht des Rechnungshofs ganz andere Schlüsse zu: Die an ehesten realisierbare Variante der Vergesellschaftung ist die der Initiative DWE. In diesem »Faire-Mieten-Modell« wird eine Entschädigungssumme anhand von leistbaren Mieten veranschlagt – die Überschüsse aus »fairer« Vermietung erhalten die Alteigentümer auf 40 Jahre hochgerechnet.

Wie viel Geld das wäre, weiß niemand – denn der Senat weigerte sich 2022, seiner eigenen Kommission Grundbuchdaten zu den Eigentumsverhältnissen zu übersenden. Legt man jedoch wie der Rechnungshof eine frühe Schätzung der Initiative von acht Milliarden zugrunde, ergibt sich ein interessantes Ergebnis: Eine nach der Vergesellschaftung zu schaffende Anstalt öffentlichen Rechts würde nach den Berechnungen in diesem Szenario schon innerhalb der ersten zehn Jahre im Schnitt jährlich 174 Million Euro für das Land Berlin abwerfen, so der aktuelle Bericht. Jede Entschädigungssumme, die höher wäre, würde den Landeshaushalt zu stark belasten. Auch die Mieten würden nur beim DWE-Szenario sinken. Grundsätzlich bestehe nur bei einer Entschädigungssumme von acht Milliarden Euro ein Mietsenkungspotenzial.

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