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Weltmeisterin am Frauentag
DDR-Eiskunstläuferin Christine Stüber-Errath 50 Jahre nach ihrem Sieg
Es ist jetzt fast auf den Tag genau 50 Jahre her. Am 8. März 1974 beginnt die erst 17-jährige Eiskunstläuferin Christine Errath aus Berlin-Hohenschönhausen in der Münchner Olympiahalle ihre Kür. Den dreifachen Toeloop hat sie noch kurz zuvor bei der Europameisterschaft als eine der ersten Frauen der Welt gewagt und gestanden. Doch jetzt stürzt sie dabei. »Doch trotz des Fehlers ließ ich mich nicht unterkriegen. Es gelangen alle weiteren Sprünge, darunter auch der schwierige Doppelaxel«, sagt Christine Stüber-Errath zu »nd«. Sie lief zu dem Musiktitel »The impossible Dream« (Der unmögliche Traum) und das scheinbar Unmögliche wurde wahr: Die 17-Jährige besiegte die favorisierte US-Amerikanerin Dorothy Hamill und wurde Weltmeisterin. »Da kommen mir heute noch Tränen der Rührung«, sagt die inzwischen 67-Jährige, die bis heute die einzige Berlinerin geblieben ist, die Weltmeisterin im Eiskunstlauf wurde.
Denn die anderen so erfolgreichen Eiskunstläuferinnen der DDR wie Katarina Witt, trainierten alle in Karl-Marx-Stadt. »Mit 17 Jahren war mir natürlich noch nicht bewusst, was der Frauentag für eine große Bedeutung hat«, gesteht Stüber-Errath. Aus heutiger Sicht ist es für sie etwas Besonderes, ausgerechnet am 8. März den Titel geholt zu haben. »Damals durfte ich erfahren, dass es nicht schlimm ist hinzufallen, man muss nur wieder aufstehen können«, sagt sie. Das habe ihr im Leben durch viele Krisen geholfen.
»Es ist viel auf den Weg gebracht worden in den letzten 50 Jahren, und die Frauen, die schon in der DDR engagiert für Gleichberechtigung eingetreten sind, haben daran einen großen Anteil«, findet die ehemalige Leistungssportlerin, die nach dem frühen Ende ihrer Karriere als Eiskunstläuferin unter anderem Moderatorin der Sendung »Außenseiter – Spitzenreiter« im DDR-Fernsehen bekannt geworden ist. »Ich wünsche mir, dass Frauen noch selbstbewusster auftreten, ihre Stimme öfter erheben. Ich habe aber auch das Gefühl, dass es Frauen mit Ostbiografie immer noch schwerer haben, in verantwortungsvolle Positionen zu kommen. Das macht mich traurig, denn auch ich musste erfahren, dass meine Lebensleistung nicht uneingeschränkt anerkannt wurde. In der DDR erfolgreich gewesen zu sein, wird immer noch hinterfragt. Das ist frustrierend.«
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Deshalb sei es ihr wichtig, wann immer sie Gelegenheit dazu habe, »über ihr verrücktes Leben und ihre Karriere vor und nach 1989 zu reden, um Vorurteile abzubauen und dafür zu werben, dass Frauen, die schon in der DDR Großes geleistet haben für die Gleichberechtigung von Mann und Frau, viel mehr Wertschätzung erfahren sollten«.
Und so spricht Stüber-Errath am 50. Jahrestag ihrer Goldmedaille von München jetzt am 8. März in der Stadtbibliothek von Wildau über ihre ungewöhnliche Karriere. Die Karten sind schon ausverkauft. In dieser Stadt im Landkreis Dahme-Spreewald wohnt Stüber-Errath seit inzwischen 18 Jahren und hat sich zuletzt auch in die Kommunalpolitik eingemischt. Sie war der Kopf und das Gesicht einer Bürgerinitiative für Demokratie und Transparenz, die mit der Amtsführung von Bürgermeisterin Angela Homuth (SPD) nicht einverstanden war. Homuth wurde Anfang 2022 durch einen Bürgerentscheid abgewählt. Stüber-Errath und die Bürgerinitiative hatten einen entscheidenden Anteil daran. Bei der Neuwahl eines Bürgermeisters konnte sich der als Kandidat ins Rennen geschickte Professor László Ungvári allerdings nicht durchsetzen. Rathauschef wurde stattdessen Frank Nerlich.
Auch nach der Wahl eines neuen Bürgermeisters in Wildau sind für Stüber-Errath in der Politik der Stadt Wünsche offengeblieben. Ein Grund, warum sich die Bürgerinitiative in das Bürgerbündnis Wildau (BBW) umgewandelt hat und mit einer eigenen Kandidatenliste bei der Kommunalwahl am 9. Juni 2024 antreten wird. Das Bürgerbündnis schicke eine gute Mischung aus vielen jungen und einigen erfahrenen Mitstreitern ins Rennen, sagt Stüber-Errath. Die Jugend gehe mit vielen neuen Ideen und großem Elan an den Start, ergänzt die 67-Jährige. Sie selbst wird zwar nicht auf den Wahlzetteln stehen, möchte ihr Engagement für eine bürgernahe und transparente Kommunalpolitik jedoch fortsetzen. So unterstützt sie das Bürgerbündnis bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen. »Es ist gar nicht so einfach, die Menschen für Politik zu interessieren«, sagt sie. »Aber gemeinsam können wir Bürgerinnen und Bürger viel erreichen, wenn wir uns einmischen und für unsere eigenen Interessen eintreten.« Bürgerschaftliches Engagement sei die Grundvoraussetzung für eine lebendige Demokratie. Sie wünsche sich eine direkte und persönliche Kommunikation zwischen der Verwaltung, den Stadtverordneten und den Bürgern.
Stolz ist Stüber-Errath, dass sie einen Anstoß geben konnte, dass sie den Menschen Mut gemacht hat, sich selbst mit Ideeen einzubringen in die Politik der Stadt. Früher seien viele unzufrieden gewesen, hätten aber gemeint, man könne ja doch nichts tun. Da sei die Stimmung jetzt eine andere.
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