Sprudelnde Zufallsgewinne

Sparkassen und Genossenschaftsbanken profitieren von den hohen Zinsen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Sparkassen profitieren von der Zinspolitik der Zentralbanken und fahren enorme Zufallsgewinne ein.
Die Sparkassen profitieren von der Zinspolitik der Zentralbanken und fahren enorme Zufallsgewinne ein.

Das Jahrzehnt, in dem die heiße Ware der Kreditwirtschaft, das Geld, keinen Preis gehabt hat, ist abgelaufen. Besonders die Sparkassen haben von der Zinswende nicht nur profitiert. »Sondern sie haben profitiert, wie verrückt, wie verrückt, wie verrückt«, schreibt ein Finanz-Newsletter. Der Abschluss vor Steuern stieg um 2,8 Milliarden Euro auf 6,8 Milliarden Euro. »Mit den Ergebnissen des vergangenen Jahres knüpfen die Sparkassen wieder an die Profitabilität früherer Zeiten an«, freute sich Ulrich Reuter, seit Januar Präsident des einflussreichen Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV).

Besonders beeindruckend sind die Zahlen im Quervergleich, die Reuter anlässlich seiner ersten Bilanzpressekonferenz am Dienstag in Frankfurt am Main vorstellte. Mit einer Bilanzsumme von insgesamt 1513 Milliarden Euro konnten die 353 kommunal geprägten Sparkassen einen höheren Vorsteuergewinn verbuchen als die Deutsche Bank. Rechnet man Rückstellungen sowie Bewertungen für Kredite und Wertpapiere hinzu, erzielten die Sparkassen im vergangenen Jahr einen Ertrag von 18,2 Milliarden Euro.

Einen solchen operativen Gewinn dürfte es im hiesigen Bankgewerbe noch nie gegeben haben, nicht einmal annähernd, schreibt der Infodienst »Finanz-Szene«. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank lag zu Josef Ackermanns besten Zeiten lediglich bei etwas über 8 Milliarden Euro. Der damalige Vorstandssprecher der größten Universalbank Deutschlands hatte 2005 als Ziel eine extravagant hohe Eigenkapitalrendite ausgegeben und heftige Kritik geerntet – auch über linke Kreise hinaus.

Dabei profitierten die Sparkassen, die zu den größten Steuerzahlern im Lande zählen, von der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB). Unter der französischen EZB-Präsidentin Christine Lagarde wurden die Leitzinsen seit Sommer 2022 in mehreren Schritten angehoben. Die höheren Zinssätze gelten auch für Gelder, die Sparkassen und private Banken bei der Zentralbank zeitweise parken, weil sie sie gerade nicht benötigen.

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Zudem profitierten die Kreditinstitute von höheren Aufschlägen, die ihre Kundschaft für Kredite zahlen muss. Eine am Mittwoch veröffentlichte Erhebung der Stiftung Warentest zum Stichtag 15. Januar 2024 zeigt zudem: Banken und Sparkassen verlangen derzeit im Schnitt 12,06 Prozent für Kontoüberziehungen. Damit hat sich der sogenannte Dispokredit im vergangenen Jahr deutlich verteuert. Vor zwei Jahren lag der noch bei annähernd zehn Prozent.

Solche »Marktlagengewinne«, treffender wäre die Bezeichnung Zufallsgewinne, erwirtschaftete ebenfalls der Hauptkonkurrent der Sparkassen in der Fläche. Die 697 deutschen Genossenschaftsbanken (Bilanzsumme 1175 Milliarden Euro) haben im Geschäftsjahr 2023 ihren Jahresüberschuss vor Steuern um 6,2 Milliarden Euro auf 10,7 Milliarden Euro gesteigert. Das ist sogar noch weit mehr als bei den Sparkassen. Rechnet man wiederum Rückstellungen und Bewertungen für Kredite und Wertpapiere hinzu, stieg der Gewinn im vergangenen Jahr um 23 Prozent auf 11,6 Milliarden Euro.

»Also alles gut, könnte man meinen«, sagte kürzlich die Präsidentin des genossenschaftlichen Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). »Leider nein«, versuchte Marija Kolak von den Rekordzahlen abzulenken. Schließlich stehen Genossenschaftsbanken wie Sparkassen in der Kritik, weil sie die steigenden Zinssätze je nach Produkt nur teilweise, kaum oder gar nicht an ihre Sparkunden weitergeben.

Auch wenn der meteorologische Frühling begonnen habe, gebe es noch keine klaren Zeichen dafür, dass sich die Wirtschaft aus ihrer Winterstarre befreit hat, sagte Kolak. »Die Stimmung bleibt gedrückt, insbesondere im Mittelstand.« Für 2024 erwarten die Genossenschaftsbanken eine Stagnation des Bruttoinlandsproduktes: »plus 0,0 Prozent«. Der BVR sei damit noch etwas zurückhaltender als die Bundesregierung in ihrem Jahreswirtschaftsbericht. Die geht von 0,2 Prozent aus.

Mit den schlechten Wirtschaftsprognosen begründen Kolak wie ihr Amtskollege Reuter vom Sparkassenverband trotz enormer Gewinne die verhaltenen Aussichten ihrer jeweiligen Bankengruppen. Diese zur Schau getragene Skepsis dürfte aber vielmehr damit zusammenhängen, dass die meisten Analysten noch in diesem Jahr eine spürbare Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank erwarten. Das würde die gewinnbringenden Geschäftsmodelle von Sparkassen und Genossenschaftsbanken weniger erfolgreich machen.

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