Olympiaquali: Drei Endspiele für Handball-Bundestrainer Gislason

Bei der Olympia-Qualifikation der Handballer geht es auch um die Zukunft Alfred Gislasons

  • Erik Eggers, Hannover
  • Lesedauer: 4 Min.
Bei der EM unterlagen die deutschen Handballer um Kapitän Golla (M.) Kroatien. Bei der Olympia-Qualifikation soll die Revanche gelingen.
Bei der EM unterlagen die deutschen Handballer um Kapitän Golla (M.) Kroatien. Bei der Olympia-Qualifikation soll die Revanche gelingen.

Bundestrainer Alfred Gislason könnte eigentlich bester Laune sein. Der Isländer hat die deutschen Handballer bei der Heim-Europameisterschaft im Januar bis ins Halbfinale geführt und damit die Zielvorgabe seines Arbeitgebers, des Deutschen Handballbundes (DHB) erfüllt. Auch ist es erst ein paar Tage her, dass sein gut dotierter Vertrag als Chefcoach bis zur Heim-WM 2027 verlängert wurde. Und doch schaute der 64-Jährige am Dienstag so grimmig drein, als drohe der Himmel auf seinen Kopf zu stürzen.

Dabei stellte sich auch die personelle Ausgangslage vor dem Olympia-Qualifikationsturnier, das an diesem Donnerstag in Hannover beginnt, besser dar als befürchtet. Die beiden angeschlagenen Kreisläufer Johannes Golla und Jannik Kohlbacher seien spielfähig, berichtet der Bundestrainer. Auch die Regisseure Luca Witzke und Marian Michalczik, die bei der EM noch fehlten, stehen wieder im Kader. Jenes Duo soll Spielmacher Juri Knorr, der nach dem Großevent in ein Leistungstief gefallen ist, im DHB-Team entlasten.

Überhaupt könnte die Ausgangslage für die deutschen Handballer kaum besser sein. Der Vorteil, vor eigenem Publikum in diesem Turnier mit vier Teams eines der beiden Tickets für die Sommerspiele in Paris zu ergattern, ist nicht zu unterschätzen. Auch die Gegner Algerien (Donnerstag, live bei Sport1), Kroatien (Samstag/ZDF) und Österreich (Sonntag/ARD) zählen zurzeit nicht zu den Schwergewichten der Branche.

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Und doch war die Stimmung Gislasons sichtlich im Keller. »Wie oft muss ich das noch wiederholen?«, bellte er wütend, als Medienvertreter wieder einmal nach Details seiner Vertragsverlängerung fragten. Doch jene journalistische Neugier hatten der Dachverband und der Isländer selbst provoziert. Zwar hatte der DHB die Erweiterung der Zusammenarbeit mit Gislason und Frauen-Bundestrainer Markus Gaugisch damit begründet, Kontinuität auf diesen Posten sei die Grundlage für einen nachhaltigen Erfolg. Zugleich aber vermeldete der Verband, dass das Arbeitspapier Gislasons nur für den Fall der Olympia-Qualifikation gelte – anders übrigens als bei Gaugisch, dessen Team vom 11. bis 14. April in Neu-Ulm gegen Montenegro, Slowenien und Paraguay ebenfalls als Favorit antritt.

Die logische Frage, ob er nun besonders unter Druck stehe, verneinte Gislason. »Ich bin gefühlt 50 Jahre lang Trainer«, sagte der Isländer. Wenn die Qualifikation schiefgehe, sei es normal in der Branche, dass er gehen müsse. Das sei Teil des Geschäfts. Soweit war das eine erwartbare Reaktion, denn Gislason betont stets, wie sehr er das Arbeiten unter Druck genieße. Aber dann überraschte der Isländer doch, als er hinzufügte, dass eine weitere Option darin bestanden habe, selbst im Falle einer erfolgreichen Olympia-Qualifikation als Bundestrainer aufzuhören. Schließlich hatte er vorher stets versichert, sehr gern mit der deutschen Mannschaft bis zur Weltmeisterschaft 2027 weiterarbeiten zu wollen, da dieses Team jung und sehr entwicklungsfähig sei. Nachfragen zu diesem Thema indes verweigerte der sichtlich angefasste Bundestrainer diesmal.

Gut möglich also, dass die öffentliche Kritik Bob Hannings an dem EM-Auftritt der Nationalmannschaft noch nachhallt. »Unterm Strich stehen vier Siege bei vier Niederlagen und einem Remis«, hatte der Geschäftsführer der Füchse Berlin, der beim Dachverband von 2013 bis 2021 den Leistungssport verantwortet hatte, nach dem Turnier im Januar moniert. »Zieht man den Heimvorteil ab, bleibt nicht sehr viel.«

Inhaltlich hatte Gislason darauf nicht reagiert, sondern den Kritiker nur persönlich angegriffen. Hanning sei »keine Koryphäe des Welthandballs« und betreibe Werbung in eigener Sache, erklärte der Bundestrainer. Tatsächlich hatte Hanning vor der EM vehement den Einsatz der deutschen U21-Weltmeister gefordert, die er in der Jugend teils selbst trainiert hatte. Andererseits fragte man sich in dieser Debatte: Wer darf denn überhaupt den Bundestrainer kritisieren?

Tatsächlich war insbesondere die deutsche Offensive beim Heimturnier sehr limitiert. Das Tempospiel, im modernen Handball essenziell, hatte das deutsche Team kaum angeboten. Auch das war ein Grund, warum die Auswahl in der Hauptrunde gegen Österreich nur mit sehr viel Glück zu einem Remis kam und (im allerdings sportlich unbedeutenden Spiel) gegen Kroatien (26:30) ebenfalls sehr enttäuschte.

Sollten sich die Leistungen und Ergebnisse gegen diese beiden Gegner in Hannover wiederholen, dürfte es mit dem Olympia-Ticket kaum etwas werden – und die Stimmung nicht nur bei Gislason würde sich noch weiter verdüstern.

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