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- Biathlon: Benedikt Dolls Karriereende
Benedikt Doll will ab jetzt das Klima retten
Der beste deutsche Biathlet hat große Pläne für die Zeit nach seinem nahen Karriereende
Anfang der Woche, beim Weiterflug vom Weltcup in Soldier Hollow nach Canmore, hatte Benedikt Doll ein Déjà-vu. »Dass sie aus Angst vor Fehlern keine Entscheidung treffen, das Gefühl habe ich bei Amerikanern immer wieder. So war es dann auch am Flughafen«, erzählt der Biathlet aus dem Schwarzwald. »Dort wusste keiner so richtig, wer was zu tun hat.«
Doll selbst dagegen wusste im Grunde schon vor der nun zu Ende gehenden Saison, was er Mitte März erledigen wollte: seine Ski und das Gewehr in der Abstellkammer verstauen und der großen Biathlonbühne Adieu sagen. Den Winter über wartete er noch ab, ob ihn die Lust auf eine weitere Saison nicht vielleicht doch noch mal packen würde. Sie packte ihn nicht, deshalb ist nun Schluss.
Nach der komplizierten Ausreise aus den USA war der Empfang für Doll und den deutschen Biathlontross in Kanada dann deutlich angenehmer. »Dort hat die Einreise perfekt geklappt«, berichtet der 33-Jährige, der nach zwölf Weltcupwintern in Canmore nun seine Abschiedsvorstellung in drei Akten geben wird: Los geht es an diesem Freitag mit dem Sprint, bis zum Sonntag folgen noch das Verfolgungsrennen und der Massenstart.
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Wehmut wird bei dem in Titisee-Neustadt geborenen Skijäger nach seinem letzten Rutscher über den Zielstrich nicht aufkommen. »Ich bin im Reinen mit meiner Entscheidung, ich trauere dem Sport nicht hinterher«, betont Doll, in dessen Kopf schon so viele neue Ideen umherschwirren, dass er eines ausschließen kann: »Dass ich jetzt in ein mentales Loch falle, sehe ich als maximal unwahrscheinlich an.«
Als umtriebiger Organisator – etwa vom nachmittäglichen Kaffeeklatsch mit Kuchen – wird er Deutschlands Biathleten künftig fehlen. Und eine große Lücke hinterlässt Doll vor allem auch im sportlichen Bereich. Mit ihm geht nach Simon Schempp (2021), Arnd Peiffer (2021) und Erik Lesser (2022) der Letzte aus der goldenen Generation von Bord, deren Mitglieder sich im Lauf ihrer Karriere allesamt zu Weltmeistern in einem Einzelrennen aufschwangen.
Das Highlight seiner Karriere erlebte Doll bei den Titelkämpfen 2017. Im Sprint von Hochfilzen musste sich der damalige Dominator der Branche, Frankreichs Martin Fourcade, nach zwei Schießfehlern mit Platz drei begnügen. Hinter Silber-Mann Johannes Thingnes Bö, der ebenso fehlerfrei schoss wie Doll. Vor der finalen Schleife über 2,5 Kilometer lag der norwegische Abonnementsieger der vergangenen Jahre noch neun Sekunden vor dem Deutschen. Doch der laufstarke Doll, von seinen Teamkollegen einst mit dem Spitznamen »Rennsemmel« bedacht und bis dahin noch ohne einen einzigen Sieg im Weltcup, hatte am Ende den Hauch von 0,7 Sekunden Vorsprung auf Bö.
»Der WM-Titel ragt schon heraus, das war das perfekte Rennen«, schwärmt der Mann von der SZ Breitnau, der sechseinhalb Jahre nach dem Triumph von Hochfilzen noch mal eine Extraportion Ehrgeiz entwickelte. »Ich will aus dieser Saison die beste machen, die ich bisher hatte«, erklärte er beim Start in den Winter im Gespräch mit »nd«. Das hat nicht ganz geklappt, auch wenn er sich vom deutschen Waffenmeister Sandro Brislinger im vergangenen Sommer in Oberhof extra ein neues Gewehr hatte bauen lassen.
Seine bisherige Top-Platzierung, Rang vier im Gesamtweltcup aus dem Vorjahr, wird der Inhaber von sechs WM- und zwei olympischen Medaillen nicht mehr erreichen. Doch als Achter ist Doll aktuell erneut erfolgreichster Läufer des Deutschen Skiverbands. Zudem ergatterte er im Februar in Nove Mesto bei seiner letzten WM noch die Bronzeplakette im langen Einzel über 20 Kilometer.
Von seiner beruflichen Zukunft hat Doll, der seine Frau Miriam ab sofort intensiv bei der Erziehung des eineinhalbjährigen Sohnes unterstützen will, ein klares Bild. »Trainer im Profibereich – da zieht es mich nicht hin, darauf habe ich keine Lust«, sagt der Hobbykoch (Lieblingsgericht: Rehrücken mit Spätzle, Rotkohl und Maronen). Ehrenamtlich Kinder zu trainieren oder zwischendurch mal als TV-Experte zu arbeiten, kann er sich dagegen schon eher vorstellen. Fest steht zudem, dass es den Wirtschaftsingenieur mit Bachelor in Marketing und Vertrieb noch mal an die Uni zieht.
Im Herbst beginnt er in Offenburg ein Studium nachhaltiger Energiesysteme. »Ich will einen Beitrag zur Energiewende leisten. Das ist ein Traum, ein Wunsch von mir«, betont Benedikt Doll – der dabei auch an eine Art Wiedergutmachung für seine vielen Reisen im Weltcupzirkus denkt. »Vielleicht«, überlegt er jedenfalls, »kann ich meine persönliche CO2-Bilanz dadurch verbessern, die bei mir durch den Sport ja nicht so gut ist.« Bei weniger Reisen muss er sich künftig auch seltener mit untätigen Ausreisebeamten herumschlagen.
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