Keine Spenden für tödliche Polizeigewalt

Betterplace stoppt Kampagne für Täter aus Mannheim, Angehörige des Opfers dürfen dort weiter sammeln

Gedenken in Mannheim gegen die Polizeigewalt vom 2. Mai 2022.
Gedenken in Mannheim gegen die Polizeigewalt vom 2. Mai 2022.

Die Webseite von Betterplace unterstützt Projekte und Einzelpersonen beim Sammeln von Spenden und will die Welt damit zu einem »besseren Ort« machen. Tödliche Polizeigewalt ist mit diesem Ziel nicht vereinbar, deshalb hat das Kreuzberger Start-up eine Kampagne aus Baden-Württemberg vor zwei Wochen gestoppt. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wollte darüber Geld für einen Polizisten sammeln, der zusammen mit einem Kollegen in Mannheim wegen des Todes von Ante P. vor Gericht stand.

Der 47-jährige Ante P. war am 2. Mai 2022 auf dem Mannheimer Marktplatz gestorben, nachdem ihn der angeklagte Polizist zu Boden gebracht, mit dem Knie fixiert und viermal mit der Faust auf den Kopf geschlagen hat. Vorher hatten die Beamten Pfefferspray gegen den Mann eingesetzt. Die Polizei war von einem Arzt gerufen worden, der Ante P. wegen eines psychischen Ausnahmezustands in eine Klinik bringen lassen wollte. Gewalttätig war das spätere Opfer vor dem Polizeieinsatz nicht, das belegen auch Handyvideos vieler Zeugen der Tat.

Am 1. März hat das Landesgericht Mannheim den polizeilichen Schläger zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt. Das milde Urteil erging wegen Körperverletzung im Amt, die ursprüngliche Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge ließ die Staatsanwaltschaft fallen. Der Kollege des Hauptbeschuldigten wurde freigesprochen, obwohl er dem in Bauchlage sterbenden Opfer nicht zu Hilfe kam.

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Laut Obduktion erstickte Ante P. durch eine Einblutung in der Lunge und starb anschließend an einem Herzstillstand. Die Rechtsmedizin bezeichnet dies als »lagebedingten Erstickungstod«.

Die »Initiative 2. Mai«, die den Prozess und die Angehörigen in der Nebenklage solidarisch begleitete, kritisiert das Narrativ zum Tod von Ante P. »Überspitzt gesagt, soll er aufgrund seines psychischen Zustandes, seiner Medikation, seines Gewichts und seines vorbelasteten Herzens letztlich selbst schuld an seinem Tod gewesen sein«, schreibt die Gruppe auf ihrer Webseite. Die Verfolgung und Gewalthandlungen durch die Polizisten würden auf diese Weise unsichtbar gemacht.

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie, das den Prozess in Mannheim beobachtet hatte, verweist auf die als Ableismus bezeichnete Diskriminierung wegen einer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung durch Polizei und Gericht. »Ein beauftragter Gutachter ging soweit zu behaupten, Schizophrene seien mit Vorsicht zu genießen und bekannt für Tötungsdelikte und Suizide«, heißt es in einer Erklärung. Die aktuelle Forschung belege hingegen, dass psychisch erkrankte Personen einem deutlich erhöhten Gewaltrisiko durch die Polizei ausgesetzt sind, schreibt das Komitee.

Der freigesprochene Polizist war Mitglied der GdP, seine Prozesskosten werden aber ohnehin von der Staatskasse übernommen. Der verurteilte Beamte war jedoch kein Gewerkschaftsmitglied, nach eigenen Angaben hat der GdP-Landesvorsitzende Thomas Mohr daher die Spendenkampagne gestartet.

Damit soll das in Rede stehende Gutachten und die Verfahrenskosten finanziert werden, sagt Mohr zu »nd«. Diese lägen weit über 10 000 Euro. Nach bisherigem Stand müsse der Verurteilte auch die Kosten der beiden Nebenklägeranwälte tragen, dies wolle die GdP nun auffangen helfen.

»Auf betterplace.me sind ausschließlich Kampagnen zulässig, die einen unmittelbar sozialen Zweck verfolgen«, erklärt jedoch eine Sprecherin auf Nachfrage des »nd«. Die Folgekosten einer strafrechtlichen Verurteilung nicht tragen zu wollen, sei nach den Richtlinien der Plattform »grundsätzlich nicht als sozial anzusehen«. Daher sei die Kampagne endgültig beendet worden. Nun verfolgt die GdP das Ziel mit einer eigenen Webseite weiter. Bislang sind dort über 5000 Euro eingegangen.

Als Nebenkläger haben die Angehörigen von Ante P. die Revision des Urteils beantragt. Die »Initiative 2. Mai« bittet deshalb ebenfalls um Spenden für die erwarteten Prozesskosten und hat dafür eine Betterplace-Kampagne gestartet – damit die Welt zu einem besseren Ort und tödliche Polizeigewalt gesühnt wird, wie es das Opfer gefordert hatte: »Ich will einen Richter!«, soll Ante P. kurz vor seinem Tod gesagt haben.

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