Skisprung-Weltcupsieger Stefan Kraft ist ein eleganter »Killer«

Der Österreicher Stefan Kraft ist der überragende Skispringer des Winters

  • Lars Becker
  • Lesedauer: 4 Min.
Stefan Kraft flog in diesem Winter auf Rang drei der ewig besten Skispringer der Welt.
Stefan Kraft flog in diesem Winter auf Rang drei der ewig besten Skispringer der Welt.

Stefan Kraft hob die Hände gespielt vorwurfsvoll nach oben, dann umarmte er seinen im Schnee liegenden Teamkollegen Daniel Huber. Mit dem überlegenen Sieg im finalen Saisonwettbewerb von Planica hatte der 31-jährige Huber dem überragenden Skispringer dieses Winters doch noch die kleine Kristallkugel für den Gesamtsieg im Skiflug-Weltcup weg. Kraft kann es verschmerzen – schließlich bekam er im slowenischen Sonnenschein als Krönung einer spektakulären Saison die große Kristallkugel für den Sieg im Gesamtweltcup überreicht. Es ist der dritte Triumph dieser Art seiner Karriere – mehr haben nur der 2019 verstorbene Finne Matti Nykänen und der Pole Adam Małysz (je 4) gesammelt.

»Das war eine traumhafte Saison, die beste meiner Karriere. Es ist fast schon kitschig schön, dass ich daheim auch noch die Skiflug-WM gewonnen habe«, bilanzierte Kraft. Von Anfang bis Ende dominierte der 30-Jährige den Weltcup und feierte 13 Saisonsiege – nur der am Sonntag unter dem Jubel Tausender Landsleute zurückgetretene Peter Prevc (15) schaffte 2016 mehr. Skiflug-Weltrekordler Kraft (253,5 Meter) ist mit 118 Podestplätzen im Weltcup schon jetzt die Nummer 1 der Skisprunghistorie, und es scheint nur eine Frage der Zeit, bis er auch alle anderen wichtigen Rekorde geknackt hat.

Das glaubt auch der ehemalige deutsche Bundestrainer Werner Schuster. »Stefan ist ein außergewöhnlicher Sportler, der noch ein paar Jahre auf hohem Niveau Skispringen kann«, sagt der TV-Experte, der als Landsmann und langjähriger Trainer im Österreichischen Skiverband den Dominator der Skisprungwelt bestens kennt. Er bringt Krafts außergewöhnlichen Erfolgsmix auf den Punkt: »Er hat hohes skifahrerisches Können, den optimalen Körperbau fürs Springen, eine grandiose Grundtechnik und ist auch mental sehr stark. Ein echter Wettkämpfer, ein Killer im positiven Sinn.«

Wenn man schon dieses eher negative Wort für Stefan Kraft benutzt, muss man unbedingt »elegant« hinzufügen. Denn der nur 1,70 Meter große Mann ist nicht nur ein außergewöhnlicher Weitenjäger, sondern der größte Stilist im Feld. Auch beim letzten Fliegen erhielt er insgesamt dreimal die Traumnote 20 der Wertungsrichter für die perfekte Haltung in der Luftfahrt und bei der Landung.

Dass ihm in diesem Winter (fast) alles gelang, hatte aber auch viel mit seiner für einen Leistungssportler eher unkonventionellen Saisonvorbereitung zu tun. Gemeinsam mit Ehefrau Marisa ging Kraft auf eine sechswöchige Weltreise; statt durchgeplanten Trainingsalltags hieß die Devise Spontaneität. Nur den ersten Flug nach Bali buchte das Paar, dann ließ es sich rund um den Globus treiben.

Eine ganz neue, zum Anfang schwierige Erfahrung für den Ausnahmeflieger. »Ich bin einer, der am liebsten immer alles perfekt machen will, zum Beispiel beim Essen. Es hat ziemlich lange gebraucht, ehe ich nicht mehr alles vorgeplant und gelernt habe, einfach mal spontan zu sein«, berichtet Kraft. Über Sydney ging die Reise weiter nach Hawaii, wo sich der Österreicher zum 30. Geburtstag ein Tattoo stechen ließ. Weitere Stationen waren Los Angeles und Paris, ehe Kraft seine Marisa dann nach der standesamtlichen Hochzeit im Vorjahr noch einmal kirchlich heiratete.

»Es war einfach ein perfekter Sommer, ich habe mich so locker gefühlt wie vielleicht nie zuvor«, erzählt Kraft. Er ist Fan des FC Bayern und immer noch der bodenständige Mann, der sich vor neun Jahren bei seinem kometenhaften Aufstieg während der Vierschanzentournee so vorstellte: »Ich halte es nicht länger als 24 Stunden in der Wohnung aus, dann wird mir langweilig. Ich bin gern in der Natur unterwegs, ein sehr aufgedrehter und fröhlicher Junge. Lachen tut dem Herzen gut.« Dazu hatte Kraft auch diesen Winter mit Siegesserie, WM-Titel im Skifliegen und Gesamtweltcupsieg allen Grund. »Nebenbei« kassierte er als Preisgeldkönig 373 150 Schweizer Franken. Genug für die nächste Weltreise.

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