Fachkräftemangel in Berlin: Meister fallen nicht vom Himmel

Bündnis für Ausbildung will 34 500 Auszubildende in 2025, sonst soll die Ausbildungsumlage kommen

Die jungen Menschen stehen für eine betriebliche Ausbildung bereit. Es fehlt nur an Betrieben, die ausbilden.
Die jungen Menschen stehen für eine betriebliche Ausbildung bereit. Es fehlt nur an Betrieben, die ausbilden.

Es ist eines der zentralen Koalitionsvorhaben von CDU und SPD in Berlin: die betriebliche Ausbildung stärken, um den Fachkräftemangel im Hauptstadtgebiet einzudämmen. Eigens dafür wurde das Bündnis für Ausbildung ins Leben gerufen. Der Zusammenschluss aus Senatsverwaltungen, Arbeitsagentur, Arbeitgeberverbänden und dem Deutschen Gewerkschaftsbund will bis 2025 die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze in Berlin um 2000 erhöhen.

Schnell geht es dabei aber nicht voran. Auf seiner dritten Sitzung erklärte das Bündnis, dass man sich auf eine gemeinsame Datengrundlage geeinigt habe. Anhand ihrer soll bemessen werden, ob das Ziel von 2000 Ausbildungsplätzen erreicht wird. Man habe sich nun verständigt und werde von 32 535 laufenden betrieblichen Ausbildungsverhältnissen zum Stichtag 31. Dezember 2023 ausgehen, sagte Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) auf einer Pressekonferenz des Bündnisses am Montagnachmittag. Demnach herrsche auch Einigkeit darüber, dass das Ziel von 34 535 Plätzen bis zum 31. Dezember 2025 erreicht werden soll.

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Dafür hat das Bündnis für Ausbildung bereits im Dezember 2023 einen 47 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog verabschiedet. Neben der Erhöhung des Ausbildungsplatzkontingents der landeseigenen Betriebe bestehen die Maßnahmen in erster Linie aus Kommunikation und Werbung bei den Unternehmen. Giffey hob zudem die Inbetriebnahme des Ausbildungszentrums der BVG vergangenes Jahr und den geplanten Ausbildungscampus der Berliner Wasserbetriebe und den des Hotel- und Gaststättengewerbes hervor.

Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) bezifferte den Fachkräftebedarf in Berlin auf 200 000 fehlende Stellen. Sie bekräftigte, dass parallel an einem Gesetz zur Ausbildungsplatzumlage gearbeitet werde, damit dieses, sollte das Vorhaben des Bündnisses scheitern, »ohne Zeitverzögerung« umgesetzt werden könne. Mit der Umlage war bereits der rot-rot-grüne Senat befasst. Die Idee: Unternehmen, egal ob sie ausbilden oder nicht, zahlen in einen Fonds ein. Ausbildende Unternehmen erhalten dann die dafür anfallenden Kosten, insbesondere die Ausbildungsvergütung, erstattet. »Wer nicht ausbildet, darf sich nicht über Fachkräftemangel beklagen«, sagte Kiziltepe am Montag. Ausbauen wolle sie die derzeitige Quote von drei Prozent von Auszubildenden an allen Beschäftigten.

Mit Festlegung des Stichtages auf den 31. Dezember 2025 hat der Senat die Frist erneut verlängert. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte noch vor sieben Monaten auf der konstituierenden Sitzung des Bündnisses den August 2025 als Messpunkt ausgewiesen. Im Koalitionsvertrag steht sogar noch der 31. April 2025. Wenn der Senat nun den Zeitraum um neun Monate nach hinten verschiebt, gewinnt er damit eine Ausbildungsgeneration beziehungsweise ein Ausbildungsjahr mehr Zeit. Wäre vorher der Beginn des Ausbildungsjahres 2024/2025 die relevante, zu vergleichende Größe gewesen, ist es nun der Beginn 2025/2026.

Es scheint ambitioniert, den Langzeittrend der vergangenen zehn Jahre brechen zu wollen. In diesem Zeitraum ist laut Bundesinstitut für Berufsbildung die Anzahl neuer Vertragsabschlüsse in Berlin von 16 800 (2013) auf 14 600 (2023) gefallen. Auch von 2022 auf 2023 ging die Zahl nochmals zurück. Das Hauptproblem: Die Unternehmen bilden zu wenig aus. Pro Bewerber standen in den vergangenen Jahren 0,7 bis 0,8 Plätze zur Verfügung. Das geht aus Zahlen der Agentur für Arbeit hervor.

Die Senatsverwaltung für Arbeit teilte »nd« mit, dass sich der ursprünglich vorgesehene Termin nur schwer in die üblichen, gesetzlich geregelten Erhebungszeiträume der Berufsbildungsstatistik einordnen lasse. Der 31. Dezember 2025 stelle einen politischen Kompromiss dar, auf den sich die Partner verständigt hätten. Ein Sprecher bestätigte die Langzeitbeobachtung von »nd«. Ein Einbruch der Zahlen während der Corona-Pandemie sei noch nicht wieder ausgeglichen.

»Ausbildung ist für die Berliner Betriebe kein ›nice-to-have‹«, sagt Carola Zarth, Präsidentin der Handelskammer Berlin. »Es ist eine Notwendigkeit für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, aber auch für die Wirtschaftskraft Berlins.« Zarth knüpfte an eine Aussage des Regierenden Bürgermeisters an, der gesagt hatte: »Ein Meister ist genauso gut wie ein Master.« Damit sie mit dem Studium gleichwertig sei, so Zarth, müssten Jugendliche und Eltern in der Ausbildung eine Zukunft sehen.

Damiano Valgolio, Sprecher für Wirtschaft und Arbeit der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, bewertet die Ergebnisse vom Montag »nd« gegenüber als ungenügend: »Mit 2 000 neuen Ausbildungsverträgen bis Ende 2025 wird lediglich das Vor-Corona-Niveau von 2019 erreicht, wenn man das Bevölkerungswachstum seitdem berücksichtigt.« Valgolio zufolge hat der Senat den Stichtag immer weiter nach hinten geschoben, um die Einführung der Ausbildungsplatzumlage zu verhindern. Erst im März 2026, also wenige Monate vor der nächsten Wahl, wisse man, ob das Ziel erreicht sei. Eine Einführung sei dann erst zum folgenden Ausbildungsjahr ab September 2026 möglich, also nach der Amtszeit des derzeitigen Senats. »Unter dem jetzigen Senat wird es keine Ausbildungsplatzumlage geben«, legt sich der Linke-Politiker fest. »Dabei wäre eine Umlage das beste Mittel, um zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen, die Ausbildungsbedingungen zu verbessern und so die Abbruchquote zu senken.«

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