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Berliner Register: Mehr rechte Gewalt
Jahresauswertung zeigt einen Anstieg gemeldeter Vorfälle um 27 Prozent gegenüber 2022
In den vergangenen Jahren sind laut den Berliner Registern (BR) der Zuzug von Geflüchteten nach Deutschland, die Corona-Pandemie oder der Krieg in der Ukraine wichtige Ereignisse, die sich in der Zusammensetzung der Registervorfälle spiegelten. Die Registerstellen dokumentieren rassistische, antisemitische, queerfeindliche und NS-verharmlosende Fälle oder solche, die sich gegen Obdachlose, gegen Menschen mit Behinderung oder gegen demokratisch engagierte Personen richten. Die Registerstellen-Statistik setzt sich aus gemeldeten Vorfällen sowie aus durch die Stellen selbst dokumentierten Vorfälle zusammen. Eine genaue Quellenprüfung fände laut den BR stets statt.
Für 2023 haben die zwölf Bezirksregister 5286 Vorfälle dokumentiert. Das ist ein Anstieg um 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (4156). »Für uns ist das die bisher höchste Zahl, was auch damit zusammenhängt, dass wir mehr Öffentlichkeit bekommen«, sagte Projektkoordinatorin Kati Becker am Donnerstag bei der Präsentation der aktuellen Zahlen.
Bezirk Mitte am stärksten betroffen – Die meisten Vorfälle sind Propagandadelikte
2865 der von den BR dokumentierten Vorfälle sind propagandistischer Art (wie Aufkleber, gesprühte Symbole, Flugblätter oder Beiträge in sozialen Netzwerken), gefolgt von 1029 Vofällen von Bedrohung und 329 Angriffen. Fast genauso viele Fälle zählen die BR für Veranstaltungen (328). Der Bezirk Mitte sticht mit den meisten Vorfällen heraus (855). Dies sei laut Becker darauf zurückzuführen, dass Regierungsgebäude im Stadtzentrum liegen und auch Veranstaltungen sowie Fälle von Körperverletzungen auf Demonstrationen in die Statistik zählen.
Die BR thematisierten die Radikalisierung im Netz, wie im Fall der Täter in Halle und Hanau. »Die Auswertung zeigt, dass der Einfluss politischer Propaganda im Internet reale Auswirkungen auf den Alltag von Menschen in ihrem Lebensumfeld hat«, heißt es in der Auswertung.
Queerfeindlichkeit verdoppelt
und meist männlich
464 Fälle von LGBTQI-Feindlichkeit verzeichneten die BR für 2023. Das sind doppelt so viele wie im Jahr zuvor (239). »Fast täglich erreichten uns Meldungen von Menschen aus dem LGBTQI-Spektrum, die beleidigt oder angegriffen wurden«, schreiben die BR in ihrer Auswertung für 2023. Von den 464 queerfeindlichen Fällen beziehen sich 174 auf Propagandataten, 136 auf Bedrohungen und 96 auf Angriffe.
Anna Schaar, Projektkoordinatorin von L-Support, einem Verein für queeres Leben, spricht von einem 90-prozentigen Dunkelfeld für queerfeindliche Taten. »Die Gewalt wird meistens auf weiblich gelesene Personen ausgeübt, die sozialisationsbedingt Übergriffe und Beleidigungen eher hinnehmen«, sagt sie und weist darauf hin, dass Ermutigung dieser Zielgruppe besonders wichtig sei. Laut Schaar seien die Täter meist männlich gelesen (81 Prozent), zwischen 20 und 50 Jahren, meist hätten sie allein oder zu zweit am Nachmittag oder Abend die Tat begangen. Das Phänomen Queerfeindlichkeit verteilt sich mittlerweile auf alle Bezirke. Als Ursache für den Anstieg an Queerfeindlichkeit nennen die BR zum einen, dass queere Menschen sichtbarer werden und zum anderen gezielte Online-Kampagnen gegen queeres Leben.
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Höchststand Antisemitismus
und Rassismus
»Nur wenige Stunden nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober kam es zum massiven Anstieg bei Angriffen, Beleidigungen, Sachbeschädigungen und Veranstaltungen«, sagt Ruth Hatlapa von der Recherche- und Informationsstelle für Antisemitismus (RIAS). Insgesamt gab es 2023 810 gezählte antisemitische Vorfälle. Die antisemitische Reaktion auf den Krieg in Gaza zeige sich im Vergleich zu vorangegangenen Konflikten direkter auf der Straße: Die Registerstellen zählten 305 Beleidigungen (2022: 120), 71 Veranstaltungen und 37 Angriffe (2022: 18). Dass Davidsterne an Häuserwände gesprüht werden, habe sie in zehn Jahren noch nicht erlebt, sagt Projektkoordinatorin Becker.
Becker sprach auch von der Instrumentalisierung von Antisemitismus, wenn etwa Rechte mehr Abschiebungen fordern und von »importiertem Antisemitismus« sprechen. Darüber hinaus gab es »False-Flag-Aktionen«, die Hass schüren und den Dialog zwischen unterschiedlichen Gruppen unterbinden sollen. Als Beispiel nennt Becker einen Vorfall aus dem Januar 2024: In einer Wohnungsanzeige – von einem vermeintlichen Ersteller mit arabischem Namen – hieß es, dass Jüd*innen für das Objekt unerwünscht seien. Daraufhin prangerten viele Menschen Antisemitismus auf Känalen wie Twitter an. Journalist*innen fanden später heraus, dass es sich bei der Anzeige um eine bewusste Täuschung handelte. »Die Klarstellung, dass es sich um einen Fake gehandelt habe, verpuffte zwischen den Kommentaren«, schreiben die BR in ihrer Auswertung. Die Empörung über den vermeintlich antisemitischen Vorfall hatte zu dem Zeitpunkt der Aufdeckung bereits in Rassismus umgeschlagen.
»Ob es einen realen Anstieg rassistischer Vorfälle gab, kann man nicht genau sagen, weil in unseren Zahlen von 2023 auch Daten erfasst sind, die wir sonst nicht hatten«, sagt Becker und erklärt, dass in die BR-Statistik Daten aus antirassistischen Beratungsstellen flossen, die zuvor fehlten. Für 2023 gilt wie für alle Jahre zuvor: Rassismus ist in der Statistik der Berliner Register die Kategorie mit den meisten Vorfällen. 1459 Vorfälle wurden gezählt.
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