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  • Handball: Qualifikation für Paris 2024

Die Frauen schaffen es: Nach 16 Jahren endlich wieder bei Olympia

Die deutschen Handballerinnen sind erstmals seit Peking 2008 wieder bei den Olympischen Spielen dabei. Am Ende ging es ganz leicht.

  • Eric Dobias, Neu-Ulm
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit dem Abpfiff startete die ausgelassene Olympia-Party der deutschen Handballerinnen. »Jetzt steigt die große Sause. Wir können heute ordentlich einen draufmachen. Das haben wir uns auch verdient«, verkündete Ko-Kapitänin Emily Bölk nach dem lockeren 37:20 (19:13)-Sieg gegen Paraguay zum Abschluss des Qualifikationsturniers in Neu-Ulm das Motto für den Abend.

Im Anschluss an das bedeutungslose Duell mit den Südamerikanerinnen, in dem Rechtsaußen Jenny Behrend mit sechs Toren am Sonntag beste Werferin war, posierten die Schützlinge von Bundestrainer Markus Gaugisch mit einem übergroßen Paris-Ticket für das Jubel-Foto. Dann feierten sie mit den begeisterten Fans minutenlang die bereits am Vortag perfekt gemachte erstmalige Teilnahme an Olympischen Spielen seit 16 Jahren.

Mit der erstmaligen Olympia-Teilnahme seit 2008 in Peking erfüllten sich die DHB-Frauen ihren »größten Traum«, so Bölk. Nachdem sich die Männer bereits Mitte März qualifiziert hatten, ist der Deutsche Handballbund mit beiden Nationalmannschaften bei den Sommerspielen dabei. »Die Zielstellung ist es, bis nach Lille zu kommen«, sagte Michelmann.

Deutsche Teamsportler in Paris: Wer ist dabei?
  • BASKETBALL (Männer und Frauen qualifiziert):
    Natürlich ist der Weltmeister für Paris qualifiziert, die Mannschaft hatte das Ticket schon durch den WM-Halbfinaleinzug als eines der beiden besten europäischen Teams sicher. Die Frauen geben ihr Olympiadebüt. Beim Vierer-Qualifikationsturnier Anfang Februar in Belem holte der EM-Sechste mit Starspielerin Satou Sabally das Ticket.
  • 3X3-BASKETBALL (offen)
    Anhand der Weltrangliste vom 1. November wurden die ersten von jeweils acht Frauen- und Männer-Startplätzen vergeben. An diesem Wochenende findet das »FIBA Universality-driven Olympic Tournament 1« ohne deutsche Beteiligung statt. Anfang und Mitte Mai geht es dann im »FIBA Universality-driven Olympic Tournament 2« und im »FIBA Olympic Qualifying Tournament« für Deutschlands Frauen und Männer weiter, anschließend stehen alle Teilnehmer fest.
  • FUSSBALL (Frauen qualifiziert,
    Männer nicht)
    Bei der erstmaligen Vergabe der Tickets über die Nations League nutzten die deutschen Frauen ihre zweite Chance und qualifizierten sich mit dem Sieg über Gastgeber Niederlande. Für die Männer ist der Zug dagegen schon lange abgefahren. Seit 1992 ist für die Qualifikation die U21-EM maßgeblich, im Vorjahr scheiterte die Auswahl von Trainer Antonio Di Salvo bei der Endrunde in Georgien und Rumänien als Titelträger kläglich in der Vorrunde.
  • HANDBALL (Männer und Frauen qualifiziert)
    Das deutsche Frauenteam ist seit Samstag dabei, die Männer um Juri Knorr und Co. hatten zuvor bereits ihre letzte Chance genutzt: klarer Sieg gegen Algerien beim Qualifikationsturnier in Hannover, Niederlage gegen Angstgegner Kroatien und im »Finale« gegen Österreich ein 34:31. 
  • HOCKEY (Männer und Frauen qualifiziert)
    Auf die deutschen Hockey-Teams ist in Sachen Olympia Verlass: Die Männer, Weltmeister von 2023, sicherten sich beim Qualifikationsturnier im Oman souverän ihr Ticket und peilen in Paris den fünften Olympiasieg nach 1972, 1992, 2008 und 2012 an. Die Frauenauswahl, die 2004 in Athen Gold gewann, qualifizierte sich in Indien für die Spiele.
  • 7ER-RUGBY (nicht qualifiziert)
    Das Männer-Team war mit großen Zielen ins Jahr 2023 gestartet. Der EM-Titel, der Aufstieg in die Weltserie und eben auch das Ticket für Olympia sollten her, geworden ist allerdings nichts daraus. Bei den Europaspielen im Juni 2023 in Krakau vergab die deutsche Mannschaft die letzte Chance auf Paris. Auch die Frauen-Auswahl ging in Polen leer aus.
  • VOLLEYBALL (Männer qualifiziert, Frauen mit Chance)
    Nach zwölf Jahren haben sich die Männer den Traum von Olympia beim Qualifikationsturnier in Rio de Janeiro erfüllt. Die Frauen müssen hingegen weiter bangen. Ihre erste Chance beim Qualifikationsturnier in Lodz hatte die Mannschaft vergeben. Eine weitere Möglichkeit bietet sich noch über die Weltrangliste, über die jeweils fünf weitere Startplätze vergeben werden.
  • WASSERBALL (nicht qualifiziert)
    Beide deutschen Teams haben Olympia verpasst. Die ersten Tickets wurden bei der WM im Sommer 2023 in Japan vergeben, bei denen die deutschen Teams nicht dabei waren. Bei den Europameisterschaften im Januar vergaben beide Mannschaften dann ihre Olympia-Chance. Die Männer waren zuletzt 2008 bei Sommerspielen, die Frauen noch nie. SID

In Lille werden beim olympischen Handball-Turnier das Viertelfinale und die Medaillenspiele ausgetragen. »Wir fahren dahin, um etwas zu gewinnen. Das wird keine Sommer-Reise«, sagte Bundestrainer Gaugisch. Man wolle sich nicht auf dem Erfolg ausruhen, sondern konsequent weiterarbeiten. »Der Weg ist nicht zu Ende. Jetzt geht es darum, die Top-Nationen anzugreifen. Das ist noch einmal ein anderes Brett, aber mit dieser Mannschaft durchaus möglich.«

Das ersehnte Olympia-Ticket hatte die DHB-Auswahl bereits am Samstag durch einen überzeugenden 28:24-Sieg gegen den EM-Dritten Montenegro gebucht. Nach dem Spiel floss erst die eine oder andere Träne der Freude und Erleichterung und später vor dem Team-Hotel der Sekt.

»Ich bin sehr glücklich und zufrieden, dass wir den Job erledigt haben. Das ist ein unfassbar schönes Gefühl. Es war eine geile Reise. Die Mannschaft hat das großartig gemacht«, lobte Gaugisch die souveränen Auftritte seiner Schützlinge beim Qualifikationsturnier, das der WM-Sechste mit 6:0 Punkten als Erster abschloss.

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»Dass wir nach Paris fahren, ist unglaublich. Ich bin super happy und megastolz«, sagte Emily Bölk und blickte zurück: »Wir haben in den vergangenen Jahren in den entscheidenden Situationen viel Scheiße gefressen. Umso schöner ist es, dass wir dieses Mal kühlen Kopf bewahrt haben und uns mit dem Ticket nach Paris belohnen konnten.«

Im Spiel gegen Montenegro tat sich das DHB-Team eine Halbzeit lang schwer, drehte nach der Pause aber auf und demonstrierte seine gewachsene Leistungsstärke. Beste Werferin war Rückraumspielerin Julia Maidhof, die in ihrem 50. Länderspiel neun Tore erzielte.

Ko-Kapitänin Alina Grijseels, die am Vortag ihren 28. Geburtstag gefeiert hatte, frohlockte danach: »Das ist das beste und größte Geschenk, das ich in meinem Leben bekommen habe.« Und Linksaußen Antje Döll bekannte mit feuchten Augen: »Der Olympia-Traum war jahrelang weit weg, jetzt ist er real geworden. Ich bin sehr dankbar dafür, es ist etwas Besonderes.« dpa

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