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Hertha BSC steckt auf dem »Berliner Weg« in der Investorenfalle

Unnötige Unruhe trotz vieler positiver Zahlen – weil sich die Machtverhältnisse im Verein verschoben haben

Herthas Männer der guten Zahlen: Trainer Pal Dardai (l.) und Geschäftsführer Thomas E. Herrich
Herthas Männer der guten Zahlen: Trainer Pal Dardai (l.) und Geschäftsführer Thomas E. Herrich

Auf Hertha BSC wartet an diesem Wochenende ein Höhepunkt der Saison: das Auswärtsspiel beim Karlsruher SC. Die Vereine verbindet eine jahrzehntelange Freundschaft – und so werden wie schon im Hinspiel die Fans nicht getrennt, sondern teilweise wieder zusammen auf den Tribünen des Wildparks sitzen. Beide Seiten sprechen von einem »Freundschaftsduell«, trotz der sportlichen Konkurrenzsituation. Sowohl die Berliner als auch der KSC haben in der 2. Bundesliga als direkte Tabellennachbarn auf den Rängen sechs und sieben noch Relegationsplatz drei im Blick.

Das Momentum beim blau-weißen Fußballfest spricht für Hertha. Die Karlsruher sind zwar das drittbeste Rückrundenteam, die aktuelle Formkurve der Berliner zeigt mit zehn Punkten aus den vergangenen vier Spielen aber am steilsten nach oben. Und am Sonntag soll es noch besser werden. »Wir haben in dieser Saison noch nie drei Siege in Folge geschafft«, sagte Benjamin Weber nach dem überzeugenden 4:0 gegen Hansa Rostock am vergangenen Spieltag. »Dann können wir mal auf die Tabelle schauen«, meinte Herthas Sportdirektor.

Großer Schritt

Ein anderes positives Ergebnis ist sehr viel erstaunlicher. Am Dienstag vermeldete Hertha BSC: Der Hauptstadtklub steuere zum Ende der Saison 2023/24 erstmals seit Jahren auf ein positives Betriebsergebnis zu – im einstelligen Millionenbereich. »Dem Ziel, unseren Haushalt zu sanieren, ist Hertha BSC damit einen großen Schritt nähergekommen«, erklärte dazu Geschäftsführer Thomas E. Herrich. Durch verschiedene Maßnahmen hat der weiterhin hoch verschuldete Verein, der »nach dem Abstieg aus der 1. Bundesliga sportlich und wirtschaftlich um das Überleben kämpfen« musste, »Gesamteinsparungen von über 70 Millionen Euro erzielt«. Gleichzeitig wurde die »unglaubliche Unterstützung« der Fans gefeiert – mit einem »Rekordzuwachs an Mitgliedern und beim Merchandising« und dem »neuntbesten Zuschauerschnitt in Deutschland«, mit dem die »Blau-Weißen europaweit auf Platz 26« liegen.

Vom großen Rückhalt schwärmt auch Pal Dardai immer wieder. »Ein geiler Fußballabend«, sagte der Berliner Trainer nach dem Spiel gegen Rostock und bedankte sich für stimmungsvolle 90 Minuten ausdrücklich bei den eigenen und den rund 25 000 mitgereisten gegnerischen Fans. Insgesamt waren mehr als 60 000 Zuschauer ins Olympiastadion gekommen. Und wäre das Aufeinandertreffen mit Hansa zuvor nicht zum Hochrisikospiel erklärt worden, hätte es wohl ein ausverkauftes Haus gegeben. »Das spricht für die Strahlkraft des Berliner Weges«, meint der Trainer.

Gewinnbringende Verbindung

Der »Berliner Weg« – in existenzieller Not Anfang 2023 eingeschlagen vom ein Jahr später verstorbenen Vereinspräsidenten Kay Bernstein – und Pal Dardai: Diese logische und nachweislich gewinnbringende Verbindung sollte eigentlich jeder unterstützen, der es gut mit Hertha BSC meint. Und genau hier zeigt sich: Der Klub steckt noch immer in der Investorenfalle, in die ihn die damaligen Verantwortlichen um Präsident Werner Gegenbauer manövriert haben. Denn klar ist: Der neue Investor 777 Partners stand und steht Dardai kritisch gegenüber, von Beginn an: bei dessen Verpflichtung vor einem Jahr, der Vertragsverlängerung im vergangenen Sommer, mit kritischen Wortmeldungen im Winter und derzeit in der Frage, ob er nach dieser Saison weitermachen darf.

Dardai, Herthas Rekordspieler, ist als Trainer in seiner dritten Amtszeit bei den Berlinern. Gehen musste er im Sommer 2019 und im November 2021, weil sich der Verein verbessern wollte. Doch keiner seiner sieben Nachfolger machte es besser als der Ungar. Insgesamt sitzt Dardai schon mehr als sechs Jahre auf dem blau-weißen Trainerstuhl, nur Helmut Kronsbein schaffte dies länger. Und: Erfolgreicher waren nicht viele in der langen Vereinsgeschichte.

Sportlicher Kurswechsel

Das unerwartet gute Abschneiden in dieser Saison nach dem Neuaufbau der Mannschaft würdigte der Verein ebenfalls in seiner Mitteilung am Dienstag: Zum »strikten Sanierungskurs« gehörte auch ein »sportlicher Kurswechsel, der eine nachhaltige Ausbildung, Förderung und Integration der eigenen Talente aus der Nachwuchsakademie vorsieht. In der laufenden Bundesliga-Saison schickt die Alte Dame Woche für Woche eine Vielzahl von Eigengewächsen in die Spiele. Elf in der Akademie des Vereins ausgebildete Herthaner haben Spielzeit in der Lizenzmannschaft erhalten.«

Ein klares Bekenntnis zum Trainer wird dennoch vermieden. »Wir sprechen jeden Tag mit Pal über den Kader und unsere sportliche Situation«, sagte Sportdirektor Weber jüngst. Laut Medienberichten sollen jedoch schon Gespräche mit anderen Kandidaten geführt worden sein. Die Unterstützung, die Dardai von Bernstein bekommen hat, gerade gegen die Interessen des Investors, ist nicht mehr zu spüren.

Verschobene Machtverhältnisse deutete auch die Vereinsmitteilung an: Gelobt wurde die »professionelle Unterstützung von 777 Partners«, das »wichtige Bekenntnis des strategischen Partners«, der »voll hinter unserem Berliner Weg« stehe. Diesen Weg, hatte Interimspräsident Fabian Drescher nach dem Tod von Bernstein im Januar versprochen, »wollen und werden wir weiterführen«. Entscheidungsmacht für einen Investor ist genau das Gegenteil. Von Drescher war seitdem nichts mehr zu hören.

Team und Trainer

Helfen könnten weitere Siege. Die Mannschaft scheint jedenfalls bereit zu sein, aus den fünf verbleibenden Partien das Maximum herauszuholen. Vor dem in jeder Hinsicht überzeugenden Auftritt gegen Rostock zeigte sie gegen Nürnberg und in Paderborn ihre Charakterstärke und kämpfte sich nach mehrmaligen Rückständen immer wieder zurück. Das zeugt von Zusammenhalt. Und einem guten Trainer. Jüngst soll Flügelstürmer Fabian Reese Pal Dardai privat besucht haben – im Auftrag der Mannschaft, um ihn davon zu überzeugen, seinen auslaufenden Vertrag zu verlängern. Aber nicht jeder scheint es gut mit dem Verein zu meinen.

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