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Im Panhellenischen Schwimmbad am Areos-Park in Athen
Die nd-Kolumnistin geht in Griechenland schwimmen. Man muss präpariert sein, um Einlass zu finden zum 33-Meter-Becken
Wir quetschen uns zu zwanzigst in einen kleinen Raum. Ich fühle mich bedrängt, bis mir klar wird, dass wir Menschen seltsamen Gesetzen folgen. Wir gehen dorthin, wo es eng wird, wo man beisammenstehen kann wie in einer Partyküche. Vor allem, wenn wir vorher solche Säle und derartige Kunst sehen und verdauen mussten. Ich bin in einem Seitenkämmerchen des Archäologischen Museums in Athen. Meine Haare trocknen gerade, ich bin aus einem Schwimmbad ins Museum geschlendert. Heute faszinieren mich vor allem Sirenen mit ihren Vogelfüßen und Flügeln …
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Ich verbringe zwei Aprilwochen in Athen und habe mein Schwimmzeug dabei. Außerdem ein auf Englisch verfasstes Schreiben von meiner Hausärztin, dass ich gesund sei. Mit dem Brief stehe ich am dritten Tag in Badeanzug plus Badekappe im Schwimmbad und werde sofort als Fremdkörper identifiziert. Auf Griechisch und rasch auf Englisch fordert mich die Bademeisterin auf, meinen Gesundheitsnachweis vorzuzeigen. Gut. Ob ich Bargeld habe? Ich zeige 50 Euro, dann wird sie freundlich. Ob ich die Kasse nicht gefunden hätte? Nein, sage ich. Die ulkigen oberen Büroräume mit Blick auf das sonnengeflutete Leichtathletik-Stadion hätte ich nie für eine Schwimmbadkasse gehalten. Es gab zwei Schalter und vier beschäftigte Personen, die ich lieber in Ruhe gelassen hatte. Auf dem Weg nach unten ins Badinnere fand ich eine Rattenfalle, einen gekachelten Flur ohne jede Beschriftung, die Männerumkleide und – nach kurzem Schreck und Rückzug – die Frauenumkleide mit Bänken und vier Duschen, die schließlich ins Bad mündeten. Da bin ich.
Die Bademeisterin erklärt sich bereit, mir die Eintrittskarte zu holen, ich solle doch vorher ins Becken steigen. Die Leiter gibt extrem nach, behutsam schwinge ich ins Nass – nun soll ich beweisen, dass ich schwimmen kann. Auch das erfolgt zu ihrer Zufriedenheit; ich sage auf ihren Wunsch das deutsche Wort Brustschwimmen, und wir kichern, dann darf ich Bahnen ziehen. Am besten auf Bahn zwei, da sind schon zwei Damen, deshalb müssen wir jetzt im Kreis schwimmen. Zu zweit gilt – jeder auf seiner Seite. Ich schwimme eifrig los, Meter machen, falls sie mein Dokument nicht anerkennen.
Sie kommt zurück und schreitet wie eine Königin an ihren Badenden vorbei, ich beruhige mich. Wir, das sind vor allem ältere Herrschaften, die die Bahnen eins bis drei belegen, und junge Sportschwimmer, die auf den übrigen fünf 33-Meter-Bahnen trainieren. Am kurzen Ende sind sehr viele Pokale aufgebaut, an der Längsseite gibt es eine Sitztribüne. Die Decke ist an den Seiten offen, und über Bahn eins sieht sie abenteuerlich geflickt aus.
Als eine weitere Frau sich Bahn zwei zum Schwimmen auswählt, gibt es Streit. Die Frau soll auf Bahn eins schwimmen, will nicht wechseln, keift. Ich wechsle auf Bahn eins, bekomme einen dankbaren Blick der Bademeisterin und nachher mein Restgeld. Der Schwimmpass hat 20 Euro gekostet und ist ein Jahr gültig. Jeder Besuch kostet noch mal 7 Euro. Als ich mich anziehe, höre ich durchs Umkleidefenster, wie die Frau weiter schrill schimpft. Ich gehe los, mir antike Sirenen anzuschauen …
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