Hochwasser: Keine Rettung durch Technik

Armin Osmanovic über die Gefährlichkeit des menschengemachten Klimawandels

  • Armin Osmanovic
  • Lesedauer: 3 Min.

Für Politiker*innen werden Besuche in Überschwemmungsgebieten zur Routine. Bundeskanzler Olaf Scholz hat seit dem Jahreswechsel, als Norddeutschland betroffen war, auch das Saarland im Mai und Süddeutschland im Juni besucht. Eine Wende in der deutschen Klimapolitik lässt dennoch auf sich warten.

Klimaforscher warnen seit Jahren vor der Zunahme von Extremwetterereignissen durch die Erderwärmung. Die Katastrophe im Ahrtal, wo vor zwei Jahren 185 Menschen starben, hat nichts geändert. CDU und CSU, AfD und BSW machen im Europawahlkampf sogar gegen die Klimapolitik mobil. Sie wenden sich gegen das Verbot von Neuwagen mit Verbrenner und argumentieren gegen die Wärmepumpe.

Die jüngsten Überschwemmungen zeigen es: Die Anzahl der Leidtragenden steigt in Deutschland so rasant an wie der Kohlendioxidgehalt in der Luft. Schnell schießen auch die Kosten in die Höhe. In wenigen Jahren wird die Gesellschaft diese nicht mehr tragen. In Frankreich ist es schon so weit: Dort bleiben viele Überflutungsopfer auf den Kosten sitzen.

Armin Osmanovic

Armin Osmanovic ist seit 2020 Büroleiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung für Nordafrika.

Nach den wenigen Jahren der klimapolitischen Anstrengungen in Deutschland und in der EU, die Europa mit dem Green Deal bis zum Jahr 2050 klimaneutral machen will, erleben wir wieder eine Phase der Regression. Gerichte und Klimaaktivisten versuchen diesen Rückschlag aufzuhalten. Wie aber lässt sich diese Entwicklung erklären? Sicher mit einer fehlenden solidarischen Absicherung der Klimapolitik.

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Der Rückschlag in der Klimapolitik kann aber nicht allein mit ungerechten Maßnahmen erklärt werden. Dass eine Mehrheit der Wähler*innen bei der Europawahl am kommenden Sonntag gegen mehr Klimaschutzpolitik stimmen wird, obwohl die Erderwärmung immer gefährlicher wird, hat einen weiteren Grund: die Leugnung der Gefahr, die von der Klimaerwärmung ausgeht. Fast niemand leugnet mehr die menschengemachte Klimaerwärmung. Was aber nicht verstanden wird, ist seine Gefährlichkeit. Selbst in den Überflutungsgebieten glauben die Menschen weiter an die Macht technischer Maßnahmen. Dass man sich an eine zwei oder drei Grad wärmere Welt nicht anpassen kann, wird nicht verstanden.

Der Film »Don’t look up« hat diese Leugnung trefflich aufgespießt. Im Film stürzt ein Komet auf die Erde und vernichtet jedes Leben. Wie der Komet im Film hat die Klimaerwärmung das Zeug, unsere Zivilisation auszulöschen.

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Den Klimaforschern geht es wie den Kometenforschern im Film. Sie schaffen es nicht, Politiker*innen und Bevölkerung zum Handeln zu bringen. »Don’t look up« hält allen, die den betroffenen Menschen in den Überflutungsgebieten allein Abhilfe mit Dämme und Polder versprechen, den Spiegel vor. Im Film verspricht ein Milliardär eine technische Lösung angesichts der Zerstörung der Erde durch den Kometen. In einem Raumschiff macht er sich mit ausgewählten Politiker*innen zu einem fernen Planeten auf, wo die Gruppe aber von Riesenvögeln aufgefressen wird.

Wie unsere Zukunft aussehen wird, hängt davon ab, ob sich genug Menschen finden, die die gefährliche Lage, in der wir uns befinden, erkennen und sich nicht von Hoffnungslosigkeit anstecken lassen. Auch wenn die nächsten zehn oder zwanzig Jahre eine Menge Zumutungen bringen werden: Der Umbau der Wirtschaft kann gelingen.

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