- Politik
- Gaza-Krieg
Desinformation aus Israel
Kampagne mit KI-generierten Postings sollte US-Gesetzgeber beeinflussen
»Aufgrund dieser neuen Informationen muss ich meine Meinung neu bewerten«, posteten Fake-Accounts seit Oktober in sozialen Medien und verwiesen auf pro-israelische oder anti-islamische Nachrichten zum Gaza-Krieg. Dahinter steckt die Regierung in Tel Aviv, berichtet nun die »New York Times«.
Auf die einzigartige Troll-Kampagne hatte zuvor die israelische Organisation FakeReporter aufmerksam gemacht. Demnach zielten die Botschaften auf die amerikanische Öffentlichkeit und sollten US-Gesetzgeber für die Unterstützung Israels im Krieg gegen Gaza gewinnen. Dazu waren die Fake-Profile vermeintlichen Personen aus Israel, Kanada und den Vereinigten Staaten zugeordnet. Die Inhaber gaben sich als Studenten, besorgte Bürger und lokale Wähler aus.
Die Kampagne begann offenbar mit dem jüngsten Gaza-Krieg und nutzte Konten auf X sowie die zum Meta-Konzern gehörenden Plattformen Facebook und Instagram. Viele der Posts wurden von dem KI-gesteuerten Bot ChatGPT generiert. Insgesamt hatten die gefälschten Konten mehr als 40 000 Follower gesammelt. Zudem wurden drei gefälschte englischsprachige Nachrichtenseiten erstellt, die pro-israelische Artikel veröffentlichten.
Letzte Woche gaben Meta und OpenAI bekannt, dass sie die Operation entdeckt und gestoppt hatten. Für ihre Durchführung sei die politische Marketingfirma Stoic aus Tel Aviv beauftragt worden. Dass die israelische Regierung die Kampagne bei Stoic bestellt hat, hat die »New York Times« nach eigenen Angaben überprüft und bestätigt. Demnach wurde sie vom israelischen Ministerium für Diaspora-Angelegenheiten verantwortet und kostete rund zwei Millionen Dollar.
Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.
Beide Firmen erklärten, die Kampagne hätte keine weitreichenden Auswirkungen gehabt. Die Umsetzung war tatsächlich schlampig: In mindestens zwei Fällen posteten Konten mit Profilbildern schwarzer Männer, dass sie eine »jüdische Frau mittleren Alters« seien. Außerdem war die Sprache in den Beiträgen mitunter gestelzt.
Meta gab an, im Zusammenhang mit der israelischen Operation 510 Facebook-Konten, elf Facebook-Seiten, 32 Instagram-Konten und eine Facebook-Gruppe entfernt zu haben. Viele Beiträge auf X sind aber weiterhin abrufbar, hat die »New York Times« recherchiert.
Laut dem Bericht hat Israels Regierung die Desinformationskampagne kurz nach dem 7. Oktober begonnen und hierzu Dutzende israelische Tech-Start-ups zu dringenden Treffen eingeladen, um als »digitale Soldaten« für das Land zu kämpfen. Bei diesen Treffen, die demnach auch in Tel Aviv stattfanden, sollen Mitglieder verschiedener Regierungsministerien teilgenommen haben. Die Eingeladenen seien ermutigt worden, »digitale Kampagnen« führen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.