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20 Tote bei Terrorangriffen in Dagestan
Moskau möchte nicht von einem islamistischen Hintergrund sprechen
Bei einer Anschlagserie in der russischen Nordkaukasusrepublik Dagestan sind nach Behördenangaben mindestens 20 Menschen getötet worden, darunter 15 Polizisten. 46 Menschen wurden verletzt, sieben davon schwer.
Laut Russlands Nationalem Komitee zur Bekämpfung des Terrorismus und dem Staatlichen Ermittlungskomitee überfielen fünf Angreifer in der Hauptstadt Machatschkala und in Derbent Kirchen, Synagogen und Polizisten auf der Straße. In Derbent ist die Synagoge in Flammen aufgegangen. Der Brand konnte erst nach Stunden gelöscht werden. In einer Kirche wurde ein orthodoxer Priester ermordet, der seit 45 Jahren in Derbent tätig war.
Der in der Nacht verhängte Alarmzustand wurde am Montag wieder aufgehoben, nachdem die Angreifer von den Sicherheitsbehörden erschossen wurden. Die Terroristen sollen alle aus dem Ort Sergokala stammen, mindestens vier von ihnen aus hochrangigen Familien. Wegen der Anschlagserie wurde in Dagestan eine dreitägige Trauer verhängt.
Die genauen Hintergründe der Tat sind noch unklar. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte bis zum Montagnachmittag mehrere Beileidstelegramme aus verschiedenen Ländern erhalten, sich selbst aber nicht zu den Anschlägen geäußert. Kreml-Sprecher Dimitri Peskow erklärte, Putin werde zu den Anschlägen in Dagestan keine gesonderte Stellungnahme abgeben.
Der dagestanische Duma-Abgeordnete Magomed Gadschijew hatte noch am Sonntagabend reflexartig die Ukraine und die USA mit den Anschlägen in Verbindung gebracht, steht damit aber ziemlich alleine da. Selbst der ehemalige Roskosmos-Chef und jetzige Frontpropagandist Dimitri Rogosin, warnte davor, alles der Nato in die Schuhe schieben zu wollen. Das würde nur zu großen Problemen führen.
Die mehrheitlich muslimische Republik Dagestan galt in den 90ern auch wegen ihrer Nachbarschaft zu Tschetschenien als Unruheregion. In den 2000er Jahren kam es zu einer zunehmenden Islamisierung, mehrfach fielen tschetschenische Kämpfer ein. Mehr als 1000 Dagestaner sollen sich später der Terrororganisation Islamischer Staat in Syrien und im Irak angeschlossen haben.
Mit Verweis auf die Plattform »The Khorasan Diary« schreibt die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW), dass der Islamische Staat hinter den Anschlägen stehen könnte. Zwar habe die Terrororganisation nicht die Verantwortung übernommen, aber sehr eindeutige Anmerkungen gemacht, heißt es beim ISW.
Kreml-Sprecher Peskow wollte hingegen nicht von islamistischem Terrorismus sprechen. Russland sei heute ein anderes Land mit einer konsolidierten Gesellschaft, die solche Anschläge nicht unterstütze, sagte Peskow in Moskau.
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