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Technikmuseum: Zum Outsourcing verpflichtet
Das Technikmuseum prüft Privatisierung des Wachschutzes, es drohen eklatante Folgen – für Beschäftigte und das Land Berlin
Klingt zunächst völlig ermüdend, könnte aber die Beschäftigungs- und Vergabepraxis des Landes Berlin auf den Kopf stellen: Die Wirtschaftsprüfung für das Technikmuseum kommt wiederholt zu dem Schluss, dass die Stiftung Deutsches Technikmuseum gegen das Beihilferecht verstoßen könnte. Sollte sich der Verdacht bestätigen, müssten in der Folge womöglich viele Arbeiten, die bisher innerhalb der landeseigenen Betriebe verrichtet wurden, fremdvergeben, sprich outgesourct werden. Dies beträfe Museen, Wohnungs- und Verkehrsunternehmen.
Konkret geht es um die 100-prozentige Tochter des Technikmuseums, der T&M Technik und Museum Marketing GmbH (T&M). Für Wirbel innerhalb der Belegschaft der T&M sorgten Äußerungen der stellvertretenden Direktorin des Technikmuseums Menekse Wenzler auf einer Betriebsversammlung Mitte Mai, heißt es aus der Verdi-Betriebsgruppe am Technikmuseum gegenüber »nd«. Demnach vermittelte Wenzler den versammelten etwa 60 Kolleg*innen, dass der Wachschutz, mit dem die Stiftung die T&M beauftragte, beizeiten ausgeschrieben werden könnte. Andere Sicherheitsdienstleister könnten sich dann um den Auftrag bewerben. Sollte es so kommen, stünden nicht nur die Arbeitsplätze in der bisherigen Form infrage. Es müsste zudem geprüft werden, ob die hier greifende Rechtsnorm nicht für weitere Landesbetriebe anzuwenden sei.
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Nach dem Beihilferecht seien Ausschreibungen immer dann erforderlich, wenn »die Gefahr der Begünstigung eines bestimmten Unternehmens« bestehe und so der Wettbewerb verfälscht werde, heißt es in einer Antwort der Senatskulturverwaltung auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Sven Meyer. Am Technikmuseum stehe die Vergabe der Wachschutztätigkeiten an die T&M zur Disposition, weil hierbei »nur ein mittelbarer Bezug zum öffentlichen Stiftungszweck der Stiftung« vorläge, zitiert der Senat aus dem Wirtschaftsprüfbericht. Einfacher ausgedrückt: Tätigkeiten, die nicht zum Kerngeschäft eines Landesbetriebs gehören, müssen ausgeschrieben werden. Das Technikmuseum lasse sich derzeit »bei der Erarbeitung von Lösungen für den möglichen Verstoß« beraten. Bereits seit den Prüfberichten für 2020 werde auf die Problematik hingewiesen.
»Wenn der Senat, wie in seinen Antworten durchscheint, zu der Auffassung kommt, dass Dienstleistungen in unseren eigenen Betrieben, die durch den Tarifvertrag der Länder bisher mit guten Arbeitsbedingungen verbunden waren, nun marktüblich finanziert werden sollen, wäre das eine völlige Katastrophe«, ordnet Sven Meyer die Antworten gegenüber »nd« ein. Das dürfte die bisherige Beschäftigungs- und Vergabepraxis des Landes Berlin infrage stellen.
Meyer kritisiert die Idee, Arbeiten entlang des Kernbetriebs zu unterscheiden: »Die Bestimmung dessen, was ein Kernbetrieb ist, halte ich für willkürlich.« Die Anwendung kann dazu führen, dass schlecht bezahlte Kräfte ausgegliedert werden. »Wie soll ein Museum ohne Wachschutz aussehen, gerade in Berlin?«, fragt Meyer. »Wie soll ein Krankenhaus ohne Reinigungskräfte und ohne Sicherheitsdienst aussehen?« Meyer sagt: »Hier wird eine bisher nie gebrauchte Rechtsvorschrift in Stellung gebracht, um offensichtlich Kosten bei Dienstleistungen im Bereich von niedrigen Lohngruppen flächendeckend einzusparen.«
Gewerkschaften und Abgeordnetenhaus streiten seit Jahren für eine Reintegration der T&M ins Technikmuseum.
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