- Kommentare
- Abschiebungen
Rausschmiss auf Verdacht
Jana Frielinghaus über geplante Abschiebungen wegen des »Billigens von Terrortaten«
Man reibt sich fast wöchentlich von Neuem die Augen, wozu die »Fortschrittskoalition« fähig ist, zumindest wenn es um das Ziel geht, Ausländer loszuwerden. Erst die Unterstützung der Verschärfung des EU-Asylsystems mit Internierung Geflüchteter, selbst von Kindern, an den Außengrenzen. Dann das »Hau-ab-Gesetz« alias »Rückführungsverbesserungsgesetz«. Von solchen Verschärfungen wagte ein CSU-Innenminister Seehofer seinerzeit nicht mal zu träumen, und damals kamen viel mehr Menschen als heute »irregulär« nach Deutschland. Und nun die Einigung der Ampel auf Regelungen, die Ausweisungen und Abschiebungen ohne Gerichtsbeschluss ermöglichen sollen, selbst, wenn ein Migrant im Internet einen Post mit einem »Gefällt mir«-Symbol versieht, in dem »Terrortaten« gerechtfertigt werden.
Man mag das emotional für nachvollziehbar halten. Doch es ist ein weiterer Schritt zur Aushöhlung rechtsstaatlicher Prinzipien, wenn es um Menschen ohne deutschen Pass geht. Da soll ein Fehlverhalten mit Entzug des Aufenthaltstitels und Abschiebung bestraft werden, das nicht einmal eine Straftat ist. Es muss nicht einmal gerichtlich festgestellt werden, inwiefern eine Aktion etwa den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt – den renommierte Juristen ohnehin als politisch missbrauchbar kritisieren. Ausländerbehörden sollen nach Gusto entscheiden können. Das lädt Amtspersonen zu Willkür förmlich ein.
Ein Rückblick auf die Praxis bei Abschiebeflügen nach Afghanistan bis 2021 bietet viele Beispiele für den Missbrauch frei interpretierbarer Begriffe wie »Identitätstäuscher« oder »Gefährder«. Dazu kommt: Die Ampel will ausdrücklich speziell »islamistische und antisemitische Hasskriminalität« bekämpfen und nicht alle Delikte dieser Art.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.