- Politik
- Hungerstreik
Türkischer Gefangener erkämpft Verlegung in andere JVA
Haydar Demiray wehrte sich mit einem Hungerstreik dagegen, Häftlingskleidung tragen zu müssen
Der politische Gefangene Haydar Demiray hat seinen Hungerstreik am 28. Juni beendet. Der Grund: Seiner Forderung nach Verlegung von der Justizvollzugsanstalt (JVA) Düsseldorf in ein anderes Gefängnis, wo er keine Anstaltskleidung tragen muss, wurde endlich stattgegeben.
Bereits am 13. März war er in einen unbefristeten Hungerstreik getreten, um gegen den Zwang, Anstaltskleidung tragen zu müssen, zu protestieren. Am Freitag wurde Demiray schließlich seine eigene Kleidung ausgehändigt. Dazu eröffnete ihm die Anstaltsleitung, er werde am Montag in die JVA Dortmund verlegt, wo es keine Anstaltskleidungsvorschriften gebe. Das berichtete Demirays Ehefrau Sonnur »nd«.
Demiray war 2022 festgenommen und wegen Mitgliedschaft in der linken DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) nach Paragraf 129 b des Strafgesetzbuchs als Mitglied einer »ausländischen terroristischen Vereinigung« zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Individuelle Straftaten wurden dem Verurteilten nicht zur Last gelegt, sondern völlig legale Aktivitäten wie die Teilnahme an Demonstrationen und Veranstaltungen. Der Besuch von linken Kulturvereinen wurde als Beleg für seine Mitgliedschaft gewertet.
Als das Urteil im März rechtskräftig wurde, ordnete die JVA-Leitung an, dass Demiray Anstaltskleidung zu tragen habe. Dieser Anordnung widersetzte sich der Gefangene, indem er in den Hungerstreik trat. Lediglich Wasser sowie Zucker und Salz nahm er zu sich und forderte seine Kleidung zurück sowie die Verlegung in eine andere JVA, in der es eine solche Vorschrift nicht gibt.
Die drastische Protestform hielt Demiray gut dreieinhalb Monate durch. Sein Zustand wurde zunehmend kritisch. Sonnur Demiray, die selbst jahrelang wegen Mitgliedschaft in der DHKP-C inhaftiert gewesen war, erhob schwere Vorwürfe gegen die Leitung der JVA. In Briefen an Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) und Landtagsabgeordnete warf sie dieser vor, dass ihrem Mann zu Beginn des Hungerstreiks Vitamin B1 vorenthalten worden sei, das lebensnotwendig für Hungerstreikende ist, um bleibende Schäden zu verhindern. Des Weiteren beschrieb Sonnur Demiray die Haftumstände ihres Mannes als »Sonderbehandlung« mit zahlreichen Schikanen. Der Zugang zu Büchern und Arbeit sowie Besuche von Mithäftlingen seien erschwert worden.
Dieser Darstellung hatte die JVA in einem Schreiben vom 13. Mai widersprochen und lediglich eingeräumt, dass Besuche von Mithäftlingen aufgrund von Demirays Gesinnung besonders geprüft würden, um zu verhindern, dass diese auf andere »übertragen« würde. Eine Verlegung in eine andere Anstalt sei derzeit »nicht angezeigt«, weil das Strafvollzugsgesetz dies allein aus Gründen der Kleidung nicht vorsehe.
Dass eine Verlegung sehr wohl möglich ist, wenn es den Zuständigen passt oder der politische Preis der Verweigerung zu hoch erscheint, zeigt die Entscheidung vom Freitag. Der Widerstand gegen das Tragen von Häftlingskleidung hat in der Türkei eine lange Tradition. Sie wird als Instrument der Unterwerfung betrachtet.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.