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Gedenktafel für Halim Dener in Hannover gefordert
Noch immer gibt es keinen Erinnerungsort für den vor 30 Jahren erschossenen 16-jährigen Kurden
Am Wochenende nach Halim Deners Tod vor 30 Jahren versammelten sich in Hannover mehr als 20 000 Menschen zu einem Trauermarsch. Der 16-Jährige war am 30. Juni beim Plakatekleben im Stadtteil Steintor von einem Polizisten erschossen worden. Auf der Kundgebung sprach der damalige SPD-Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg und bat die Familie des kurdischen Jugendlichen um Verzeihung.
Doch einen offiziellen Gedenkort für das Opfer von Polizeigewalt gibt es bislang nicht. Halim Dener hatte damals Plakate für die Nationale Befreiungsfront Kurdistans geklebt. Die Organisation war eng mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden. Diese ist seit 1992 in Deutschland verboten, seit 2002 steht sie auch auf der EU-Terrorliste.
Polizisten in Zivil entdeckten den Jungen damals zufällig. Er versuchte zu fliehen, wurde jedoch von den Beamten gepackt. Im anschließenden Gerangel soll sich ein Schuss gelöst haben, der den 16-Jährigen in den Rücken traf. Die Sache ging bis vor den Bundesgerichtshof. Er wertete den Schuss als tragischen Unfall. Der Polizist, der ihn abgegeben hatte, wurde freigesprochen.
Bereits unmittelbar nach dem Vorfall forderten viele Menschen einen Erinnerungsort für Halim Dener. Der Jugendliche war erst einige Monate vor seinem Tod nach Deutschland geflohen. In der Türkei war er in Haft gefoltert worden und hatte miterleben müssen, wie sein Heimatdorf zerstört worden war.
Im Mai 2017 beschloss der Stadtbezirksrat von Linden, wo der Junge starb, ein Areal Halim-Dener-Platz zu benennen. Doch der damalige Oberbürgermeister Hannovers, Stefan Schostok (SPD), torpedierte das Vorhaben. 2019 brachten Mitglieder einer Initiative zum 25. Todestag Deners auf eigene Faust eine Gedenktafel am Steintorplatz an, wo der Jugendliche gestorben war. Diese sei jedoch kurz darauf wieder entfernt worden, bestätigte die Stadtverwaltung Hannover auf »nd«-Nachfrage.
Derzeit werden erneut Forderungen nach einem offiziellen Erinnerungsort laut. Der Sprecher der »Kampagne Halim Dener«, Dirk Wittenberg, betont, Deners Schicksal stehe für die Erfahrungen vieler Menschen mit Polizeigewalt und Flucht. Einen prominenten Fürsprecher gibt es: den früheren OB Schmalstieg. Er ist Vorsitzender des Beirats kurdischer Gemeinden in Deutschland und will sich dafür einsetzen, dass es bald eine Gedenktafel gibt. Er werde eine Formulierung für den Text vorschlagen, sagte Schmalstieg dem NDR.
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