Haushalt: Kein Grund zur Erleichterung

Der neue Haushalt der Bundesregierung ist ein schlechter Haushalt, findet Sarah-Lee Heinrich

Mit ihrem »Haushaltskompromiss« hält die Ampel-Regierung an ihrer neoliberalen Linie fest.
Mit ihrem »Haushaltskompromiss« hält die Ampel-Regierung an ihrer neoliberalen Linie fest.

Auch ich habe am Freitag kurz aufgeatmet, als die Nachricht kam, dass sich die Bundesregierung über den Haushalt geeinigt hat. Was wäre passiert, wenn es Neuwahlen gegeben hätte inmitten der gegenwärtigen politischen Stimmung, rund um die Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen? Eine Horrorvorstellung. Und ein leichtes Spiel für die AfD, die sicherlich von der gescheiterten Regierung profitieren würde.

Sarah-Lee Heinrich

Sarah-Lee Heinrich weiß, was Armut bedeutet. Die Ex-Sprecherin der Grünen Jugend ist in einem Hartz-IV-Haushalt aufgewachsen und engagiert sich seit vielen Jahren gegen soziale Ungleichheit. Sie wirbt für klassenbewusste Ökologie und schreibt jeden zweiten Montag im Monat in »nd.Digital« über Alltag und Ampel.

Ich habe ein zweites Mal aufgeatmet, als klar wurde, dass Christian Lindner zumindest etwas eingelenkt hat. Der krasse Kürzungshaushalt ist nicht gekommen. Es gibt viel Schlechtes, aber auch ein paar gute Dinge im Haushalt. Eigentlich ist er vor allem eine Weiterführung der bisherigen Ampelpolitik: Entlastung von Unternehmen und Gutverdienern, stiefmütterliches Behandeln von Klimaschutz, sozialer Politik und Menschenrechten. Das ist nicht gut, aber auch nicht unerwartet. Und es gab keine großen Kürzungen bei sozialen Projekten wie der Förderung für die Jugendarbeit.

Doch eigentlich ist das alles kein Grund zur Freude. Denn misst man diesen Haushalt nicht nur an den Horrorszenarien, sondern an dem, was gerade eigentlich notwendig wäre, dann ist er ein schlechter Haushalt. Mit ihm wird das Leben für viele Menschen zunehmend nicht mehr bezahlbar, daran ändern auch 5 Euro für Familien nichts. Der Klimaschutz geht nicht weit genug, weitere Jugendclubs in der Kleinstadt werden schließen müssen, Schulklos werden weiter stinken und die Züge zu spät kommen.

Und genau auf diesem Nährboden werden Rechte es leicht haben, gegen Migrant*innen und Geflüchtete zu hetzen. Sie werden behaupten, das Geld fehle wegen den Geflüchteten. Sie werden den Verteilungskampf zwischen innen und außen weiter befeuern. Die Ampel setzt dem nichts entgegen.

Die notwendigen Investitionen werden nicht angegangen. Das Aufschieben wird uns noch viel kosten. An der Schuldenbremse festzuhalten bleibt eine Bremse für die Zukunft. Da können sich die Jungliberalen hinstellen mit Arbeitgeberverbänden und Lobbyisten für die Reichen etwas anderes behaupten, überzeugend ist das nicht.

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Eigentlich hätten die Europawahlen für ein Wachrütteln sorgen müssen. Die Ampel wurde abgestraft, zurecht. Der Trick des »geringeren Übels«, sorgt dafür, dass wir den Blick auf das Notwendige verlieren. Dann wird es immer schwerer, schlechte Politik zu kritisieren, »weil es ja noch schlimmeres gibt«: Und Stück für Stück rutscht man mit. Das Problem ist, dass das »kleinere Übel« jedes Mal übler wird. Mit der Verteidigung eines schlechten Status Quo verhindert man Schlimmeres nicht, man verzögert es nur.

Ja, Neuwahlen hätten eine rechtere Regierung hervorgebracht. Aber die Wahlen 2025 werden dies genauso tun, wenn sich bis dahin nichts verändert. Es ist der letzte Haushalt, für den die Ampel zuständig sein wird. Ob es im nächsten Jahr genügend machtvollen Druck geben wird, der eine sozialere Alternative zum Status Quo einfordern wird, liegt an uns.

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