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Eine Partei verlassen
Sarah-Lee Heinrich über ihren Austritt bei den Grünen
»Aus einer Partei tritt man nicht aus, man stirbt raus«. Dieser Spruch hat mir noch nie behagt. Es klingt wie eine Ehe, in der man sich nie scheiden kann, selbst wenn man irgendwann Unterschiedliches vom Leben will.
Aber ja, es ist gar nicht so leicht, eine Partei zu verlassen.
Ich finde es nicht sinnvoll, die Biege zu machen, nur weil man mal akut unzufrieden ist. Man sollte sich, ähnlich wie in einer Beziehung fragen: Glaube ich daran, dass wir wieder zusammenfinden? Habe ich eine Idee, wie man daran arbeiten kann? Wenn ja, sollte man auch darum kämpfen.
Aber ich denke, es ist wichtig, sich nicht vor der Angst allein zu sein, leiten zu lassen, wenn man so eine Entscheidung trifft. Klar bedeutet eine Partei zu verlassen, einen potenziellen Ort der politischen Veränderung aufzugeben. Wenn man austritt, ist man erstmal wieder Single. Aber eine Beziehung zu beenden, heißt ja auch nicht, dass alles umsonst war. Im besten Fall hat man viel erlebt und gelernt, was einen für das weitere Leben prägt. Man kann sich danach einer neuen Organisation anschließen. Aber zumindest sollte man sich die Zeit nehmen und nicht reflexhaft direkt eine neue Bindung eingehen. Man braucht zumindest Zeit zu reflektieren, was gut war, was schlecht war und was man jetzt ändern will und sucht.
Sarah-Lee Heinrich weiß, was Armut bedeutet. Die Ex-Sprecherin der Grünen Jugend ist in einem Hartz-IV-Haushalt aufgewachsen und engagiert sich seit vielen Jahren gegen soziale Ungleichheit. Sie wirbt für klassenbewusste Ökologie und schreibt jeden zweiten Montag im Monat in »nd.Digital« über Alltag und Ampel.
Was es auch schwierig macht, Parteien zu verlassen, ist das persönliche Umfeld. Das Schöne an politischer Organisierung ist, dass man in einem engen Zusammenhang mit Menschen jahrelang an einem Ziel arbeitet. Das schweißt zusammen und so entstehen enge Freundschaften. Diese Freundschaften können im besten Fall auch erhalten bleiben, so wünsche ich es mir auch. Die Komponente des gemeinsamen Organisationsrahmens fällt aber weg.
Und trotzdem halte ich es für gut, dass sich Wege trennen, wenn man das Gefühl hat, es passt grundsätzlich nicht mehr zusammen. Parteien sollten eine gewisse Pluralität abbilden und es braucht nicht für jede Nuance eine neue Organisation. Wenn man aber merkt, dass es zu weit auseinandergeht, dann ist es nicht gut, zusammenzubleiben. Weder für einen selbst, noch für den Rest der Partei. Man reibt sich nur aneinander auf, blockiert sich gegenseitig und kann deswegen aber auch keinen kohärenten Kurs durchsetzen.
Schluss machen und sich trennen kann auch heißen, dass beide Seiten irgendwann jemanden finden, der besser zu ihnen passt. Dass die Energie, die man hat, nicht mehr in Streits eingesetzt wird. Und dass es beiden Seiten am Ende damit besser geht. Manchmal nähert man sich so sogar wieder an!
So richtig wie es ist, dass ich gehe, wenn ich nicht mehr überzeugt bin, so richtig ist es, zu bleiben, wenn man das anders sieht. Ich wünsche allen viel Erfolg, die weiter um eine sozialökologische, grüne Partei ringen wollen!
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