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Erneut mehr sexualisierte Gewalt an Kindern registriert
Innenministerin und Bundesbeauftragte legen Statistik zu von Sexualdelikten betroffenen Minderjährigen vor
Im vergangenen Jahr registrierten Ermittlern erneut mehr Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kindern und Jugendliche als im Vorjahr. In vielen Fällen spielt das Internet eine wichtige Rolle, etwa wenn Täter Kontakte zu Minderjährigen über soziale Netzwerke anbahnen. Das geht aus dem »Bundeslagebild Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen 2023« hervor. Der Bericht wurde am Montag im BKA in Wiesbaden von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), BKA-Vizepräsidentin Martina Link und der unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, vorgestellt.
Eine Herausforderung für die Polizei bleibt das Dunkelfeld: Viele Taten würden verschwiegen, beispielsweise weil sie innerhalb der Familie geschehen. Laut Bericht wurden Ermittlern im vergangenen Jahr 16 375 Fälle bekannt, in denen Kinder sexuell missbraucht oder misshandelt wurden – ein Anstieg um 5,5 Prozent im Vergleich zu 2022. Zudem wurden 1200 Straftaten an Jugendlichen registriert. Die Zahl der erfassten Fälle von Darstellungen sexuellen Missbrauchs von Kindern wuchs um 7,4 Prozent auf rund 45 000. Insgesamt hat sich die Zahl der dokumentierten Sexualdelikte mit minderjährigen Opfern in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdreifacht.
In dem Lagebild verweisen die Ermittler darauf, dass die Zahl der aufgedeckten Fälle stark mit der polizeilichen Kontrolltätigkeit und dem Anzeigeverhalten zusammenhänge. Die Intensivierung der Polizeiarbeit in dem Bereich habe mutmaßlich zu einer »Aufhellung des Dunkelfelds« beigetragen.
»Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen gehört wohl zu den furchtbarsten und widerwärtigsten Formen von Kriminalität«, sagte Faeser. Diese Straftaten träfen die Verwundbarsten und verursachten großes Leid. Mehr als 2200 Opfer seien zum Tatzeitpunkt jünger als sechs Jahre gewesen.
Laut BKA fließen viele Fälle, in denen sich nach Hinweisen etwa aus den USA kein Tatort in Deutschland ermitteln lässt, nicht in die Statistik ein. Grund dafür, dass Ermittlungen ins Leere laufen, ist demnach die in Deutschland ausgesetzte Mindestspeicherung von Telekommunikationsverkehrs- und Standortdaten. Faeser bekräftigte am Montag ihre Forderung nach einer Neuregelung für deren anlasslose Speicherung. Die Speicherung von IP-Adressen sei oft die einzige Möglichkeit für eine Identifikation Verdächtiger.
Laut Bericht stiegen die Fallzahlen bei Jugendpornografie im Vergleich zum Vorjahr besonders stark – um 31 Prozent auf 8851. Auffällig sei, dass die Tatverdächtigen oft selbst minderjährig sind. dpa/nd
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