- Sport
- Fußball-EM
Spanien startet nach dem Sieg gegen England in eine neue Ära
Der Erfolg der neuen Rekord-Europameister wird lange nachklingen
»Viva España!« Mit diesen Worten verabschiedete sich Trainer Luis de la Fuente von der EM. Am Montag ging es für die neuen Europameister zurück nach Hause. »Lang lebe Spanien« – das wird nachklingen. Als gewohnter Gesang, wie von den Fans auf den Rängen des Berliner Olympiastadions so in den heimischen Straßen. Und sportlich beschreibt dieser Gassenhauer nach dem 2:1-Finalsieg gegen England mehr als nur den ersten Titelgewinn der spanischen Fußballer seit zwölf Jahren.
Rekord beim ersten Turnier
Mit dem vierten Titelgewinn ist Spanien nunmehr Rekord-Europameister. Beim nächsten kontinentalen Turnier in vier Jahren in Großbritannien und Irland kann nur die deutsche Nationalmannschaft aufschließen. Weil aber jetzt nicht nur der EM-Pokal, sondern auch die Trophäen für den Spieler des Turniers und den besten jungen Fußballer bei der Heimreise nach Madrid an Bord waren, scheint eine ähnlich erfolgreiche Zeit wie in den Jahren 2008 bis 2012 nicht unrealistisch. Zu dominant waren die Spanier bei dieser EM: sieben Spiele, sieben Siege – ein Rekord wie auch die 15 insgesamt erzielten Tore. Und das bei dem ersten Turnier mit Trainer de la Fuente.
»Wir sind bereit für die nächste Herausforderung«, kündigte Nico Williams noch in den Katakomben des Olympiastadions an. Gefragt wurde er nach der kommenden Weltmeisterschaft. Der 22-Jährige hatte gegen England zum 1:0 getroffen, nach Vorlage des fünf Jahre jüngeren Lamine Yamal. Während Williams zum Spieler des Spiels gewählt wurde, bekam Yamal die Trophäe für den besten jungen Spieler dieses Turniers. Nicht nur, aber gerade diese beiden stehen für »eine junge, talentierte Mannschaft, die noch eine große Zukunft vor sich hat.« Auch die Überzeugung, mit der der Trainer solche Sätze sagt, spricht für sich.
Historische Engländer
Dass »Spanien das beste Team des Turniers« war, bestätigte auch Gareth Southgate. Für die Engländer und ihren Trainer hätte diese EM noch etwas länger dauern können. »Don’t take me home« – immer öfter sangen die englischen Fans in den vergangenen vier Wochen davon, nicht nach Hause gebracht werden zu wollen. Und immer lauter mit jedem Weiterkommen ihres Teams. Nach fünf sehr beschwerlichen Auftritten hatten die englischen Fußballer das Halbfinale gegen die Niederländer durchaus verdient gewonnen.
Historisches gelang auch den »Three Lions«. Daran erinnerte Southgate selbst: »Es war das erste Finale außerhalb Englands.« Wirklich überzeugt haben der Trainer und sein Team jedoch nicht. Im Finale schafften sie es zumindest eine Halbzeit lang, die spanische Offensive zu stoppen. Wahlweise mit einer Vierer- oder Fünferkette verhinderten sie Angriffe über die Außenbahnen, vor der Abwehr machten Declan Rice und Kobbie Mainoo die Mitte dicht.
Ein einfacher Doppelpass
Die Niederlage war jedoch nicht nur eine Folge der vom englischen Trainer erwähnten Müdigkeit, sondern vielmehr von der schön anzusehenden Beharrlichkeit des gegnerischen Offensivdrangs. Nach dem Führungstreffer von Williams in der 47. Minute hatten die Spanier viele weitere Möglichkeiten, das Spiel zu entscheiden. Die kurze englische Zeit der Hoffnung nach dem überraschenden Ausgleich durch Cole Palmer beendete ein einfacher Doppelpass: Mikel Oyarzabal auf Marc Cucurella und der zurück Oyarzabal, von dessen Fußspitze der Ball in der 86. Minute den Weg ins Tor fand.
»Spanien war auch heute das bessere Team«, zeigte sich Southgate als fairer Verlierer. Den Vorwurf, keinen gewinnbringenden Fußball spielen zu lassen, nimmt er mit nach Hause. Es werden schwierige Tage in England: Die große Kritik am Anfang des Turniers ist nicht vergessen. Demgegenüber steht eine für englische Nationalmannschaften historische Bilanz: Zweimal in Folge hat Southgate das Team bei einer EM ins Finale gebracht. Auch die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 waren mit Platz vier und einem knapp verpassten Halbfinale durchaus ein Erfolg.
Das erste Kapitel
Während Southgate nach seinem 102. Spiel als Nationaltrainer nicht über seine Zukunft sprechen wollte, war für Luis de la Fuente klar: »Wir machen weiter.« Die Vertragsverlängerung erklärte er zur Formsache. Und so wird der 63-Jährige auch mit den meisten seiner »26 genialen Spieler« weiterarbeiten. Rodri wird mit seinen 28 Jahren weiterhin der Mittelpunkt der Mannschaft sein. Als bester Spieler des Turniers wurde er am Sonntagabend von der Uefa ausgezeichnet. Als er im Finale zur Halbzeit ausgewechselt werden musste, übernahm laut de la Fuente sofort Martin Zubimendi die »Kontrolle im Mittelfeld«. Der 26-jährige Dani Olmo wurde mit drei Treffern Torschützenkönig der EM. Und der vier Jahre jüngere Spieler des Spiels, Nico Williams, sagte vorsichtig: »Ich glaube, wir haben Geschichte geschrieben.« Sehr wahrscheinlich nur das erste Kapitel.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.