US-Vizepräsidentschaft: Die Wettbüros tippen auf J. D. Vance

Das Rennen um Trumps Vizepräsidentschaft verspricht Spannung

  • Caspar Shaller
  • Lesedauer: 5 Min.
US-Senator JD Vance aus Ohio gilt als Wettfavorit für das Amt des Vizepräsidenten an der Seite des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump bei der Wahl 2024.
US-Senator JD Vance aus Ohio gilt als Wettfavorit für das Amt des Vizepräsidenten an der Seite des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump bei der Wahl 2024.

Noch ist unklar, wer Donald Trumps Vizepräsidentschaftskandidat wird. Und wer den Job überhaupt haben will. Denn Trumps letzter Vize, Mike Pence, wurde von seinem Chef alles andere als gut behandelt. Nach den Wahlen 2020 weigerte sich Pence, von Wahlbetrug zu sprechen, was Trump so verärgerte, dass er laut Zeugenberichten während des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2020, als die Demonstranten »Hang Mike Pence!« skandierten, sagte, Pence hätte das auch verdient. Trump hatte den streng religiösen Pence ursprünglich ins Boot geholt, um sich bei evangelikalen Wählern beliebt zu machen, bei der der mehrfach geschiedene Playboy aus dem Sündenpfuhl New York nicht gut ankam.

Heute scheint die Wahl eines Vizes weniger wichtig. Wer Trump nicht mag, wird auch durch die gekonnte Auswahl eines Vizes nicht überzeugt, Trump zu wählen. Darum ist auch die Tatsache, dass Trump bei Wählerinnen sehr schlecht ankommt, kein Teil der Kalkulation. Damit sind etwa die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley, die sich selbst um die Präsidentschaft beworben hat, und die ehemalige Pressesprecherin des Weißen Hauses Sarah Huckabee Sanders aus dem Rennen.

J. D. Vance liegt gut im Rennen

Absoluter Wettfavorit ist im Moment J. D. Vance. Berühmt geworden ist Vance mit seiner Autobiografie »Hillbilly Elegy« über seine Jugend in einer absteigenden Industiestadt in Ohio. Das Buch erschien 2016 und wurde im Zuge der Wahl Donald Trumps und des Brexit-Votums zum Bestseller, da es ähnlich wie »Rückkehr nach Reims« des französischen Soziologen Didier Eribon eine Erklärung dafür lieferte, warum die alte Arbeiterklasse plötzlich rechts wählte. Vance war ein paar Jahre lang gern gesehener Gast in Talkshows, wo er sich zum Teil harsch über Trump äußerte.

Bei genauem Lesen hätte man jedoch schon 2016 erkennen können, dass Vance bald zur politischen Rechten wandern würde. 2022 gewann er für die Republikaner einen der beiden Senatssitze für den Staat Ohio – nachdem Trump seinen Anhängern empfohlen hatte, Vance zu wählen. Seitdem ist der ein verlässlicher Bündnisgenosse Trumps, der seine starke Medienpräsenz dazu nutzt, die Verfahren gegen Trump als Verschwörungstheorie darzustellen. Im Gerichtsaal in Manhattan saß Vance hinter Trump. Doch genau Vances Popularität könnte ein Problem sein. Vance werden selbst Ambitionen auf das Präsidentenamt nachgesagt; damit läuft er Gefahr, seinen Chef zu überstrahlen.

Ein ähnliches Problem gibt es für Marco Rubio. Der am rechten Rand der Republikaner stehende Senator aus Florida gilt Beobachern als einer der Topkandidaten für den Vizepräsidentschaftsposten. Als Sohn kubanischer Migranten ist Rubio unter Latinos eines der bekanntesten Gesichter der auch in dieser demografischen Gruppe immer beliebter werdenden Republikaner-Partei. Dass Rubio heute als Verbündeter Trump gilt, hätte vor einigen Jahren kaum jemand für möglich gehalten. Rubio bewarb sich 2016 um die Präsidentschaftskandidatur, verlor jedoch gegen Trump. Einige Jahre lieferte sich Rubin ziemlich vulgäre Wortgefechte mit Trump und machte sich über den New Yorker Bauunternehmer lustig. Eine Zusammenarbeit der beiden verfeindeten Politiker erschien ausgeschlossen.

Rubio wird vom Feind zum Freund

Doch als Rubio 2020 als Senator in Floria mehr Stimmen gewann als Trump als Präsident, erwärmte sich Trump für seinen Kontrahenten. Von außen mag das paradox erscheinen, doch Trump respektiert kämpferische Gegner mehr als solche, die sich ihm einfach unterwerfen. Seitdem haben sich die ehemaligen Kontrahenten angenähert. Heute ist Rubio einer der vehementesten Unterstützer Trumps. Doch ob Rubio den Posten wirklich will, ist unklar. Die »New York Times« schrieb Ende Mai, Rubio wolle zwar Vizepräsident werden, aber er wolle dafür nicht in einem Wettkampf mit Mitbewerbern vorsprechen müssen. Dass er sich so ziert, scheint Trump laut Berichten von US-Medien nicht zu gefallen. Es gilt daher als wenig wahrscheinlich, dass Rubio tatsächlich zu Trumps Partner erklärt wird.

Doug Burgum scheint da eine bessere Wette zu sein. Gehört haben von ihm nur wenige. Burgum wurde Anfang der 2000er zum Milliardär, als er sein Software-Start Up an Microsoft verkaufte. Er ist gut vernetzt in der Tech Branche, die sonst eher die Demokraten unterstützt. Dieser Zugang zu reichen Leuten schätzt Trump, der sich gerne in Wohlstand und Status sonnt. Wie man dieses viele Geld am besten einsetzt, hat Burgum selbst gezeigt: Als völliger Außenseiter gewann er 2016 den Gouverneursposten von North Dakota, weil er die Konkurrenz finanziell ausbooten konnte. Auch dass Burgum zur selben Generation wie Trump gehört, scheint ihrem persönlichen Verhältnis zu helfen. Doch Burgums Mangel an nationalem Profil dürfte ein Minuspunkt sein; ebenso, dass er selten in Trumps Lieblingsmedium, dem Fernsehen, auftritt.

Neben diesen drei Kandidaten gibt es eine Reihe weiterer Anwärter, über die in US-amerikanischen Medien spekuliert wird, die aber eher als Außenseiter gelten. Prominent darunter Tim Scott, Senator aus South Carolina. Der einzige Schwarze Republikaner im Senat bewarb sich 2023 in Republikanischen Vorwahlen um die Kandidatur als Präsident, zog sich jedoch nach der dritten Fernsehdebatte, in der er wenig Eindruck hinterließ, aus dem Rennen zurück und rief dazu auf, Trump zu wählen. Als wichtiger Unterstützer Trumps gilt er trotzdem nicht. Noch ist das Rennen offen. Zum Parteitag der Republikaner vom 15. Juli an wollte Trump seine Entscheidung verkünden. Doch nach dem Attentat vom Wochenende scheint die Entscheidung aufgeschoben.

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