- Kultur
- Gegen den Hass
Gegen den Hass ist nicht mehr drin
Ein Gedicht zur Zeit
Es heißt du sollst
deinen Humor niemals verlieren, egal wie
mies oder lebensgefährlich die Umstände sind.
Weil er unsere einzige Waffe ist gegen den Hass.
Denn wenn wir ihn verlieren
wird auch uns der Hass zerfressen
der die stärkste Waffe der anderen ist
deren Herz von nichts als Hass besetzt ist.
*
Es gibt sechs Millionen Gründe
meinen deutschen Humor nicht zu vergessen
und seit dem 7. Oktober 23
sind es (schon wieder) viele Gründe mehr.
*
Ich verstehe, dass es wichtig ist
ihn nicht zu verlieren.
Aber ich finde, es ist schwierig.
Du kannst ihn nicht erzwingen, nicht runterladen
nicht trainieren, nicht kaufen, nicht klauen.
Und beten tu ich nicht mehr.
Kann nur versuchen und hoffen,
eine Spur davon zu finden.
Denn bloß kein Hass, das seh ich ein.
Ich versuch’s – und spiel Musik rein:
Denn fight for your right to party
soll auch nicht vergessen sein.
*
Die Hamas-Killer (ich denke »Killer« ist kein
Hasswort, sondern popkulturell vielseitig)
die Hamas-Killer haben an diesem 7. Oktober 23
(tapfer wie sie sind) keine militärischen Einrichtungen
sondern auch (und besonders symbolmächtig)
Besucher-Innen eines Musikfestivals
attackiert: Mehr als 200 ermordet
vergewaltigt, verbrannt, dabei gefilmt
und als Geiseln genommen
*
und dafür viel Beifall bekommen
von Musikfans aus aller Welt
vor allem von den Verbindungen
DJs for Palestine und
DJs against Apartheid und
Berlin Nightlife Workers Against Apartheid.
*
Ich glaube, da ist irgendwo etwas Humor begraben:
Ich glaube, diese DJs werden jetzt für Hamas-Partys gebucht
und als Support-Acts bei Frauen-Hinrichtungen im Iran
*
und wohl deshalb der Beifall für die Hamas-Killer
auch von der Alliance of Internationalist Feminists:
Diese Allianz hat die Vergewaltigungen der tapferen
Hamas-Killer als Propaganda-Behauptung bezeichnet
mit der das (wie sie es nennen) faschistische
israelische Regime seine völkermörderische
und Apartheid-Politik zu rechtfertigen versuche.
*
Was sagt Pnina Tamano-Shata zur Apartheid in Israel?
Die äthiopische Jüdin, die als Kind
mit ihrer Familie nach Israel geflüchtet ist
Ministerin für Einwanderung und Integration von 2020 bis 22
heute Vorsitzende des israelischen Parlaments-Ausschusses
für die Förderung der Stellung der Frau
und die Gleichstellung der Geschlechter – was
bekanntlich aber doch nichts Besonderes ist!
*
Das sind doch Posten, die in den Staaten
die Israel von der Landkarte bomben möchten
schon lange mit Frauen besetzt sind
die ebenfalls nicht so weiß und
Oberschicht sind wie Judith Butler
die gute Freundin der Hamas-Killer, die sie
(popkulturell wirkungsvoll) Freiheitskämpfer nennt.
*
Hallo?: Ich finde, der ist nicht total schlecht ...
*
Ich frage mich: Was könnte man
diesen DJ- und Frauen-Verbindungen raten?
Dann geht doch rüber?
Aber das wäre doch zuviel Hass:
Das würden sie doch nicht überleben.
Sie wissen nicht, was sie tun
aber sie sollen doch leben.
Dafür gibt es doch mehr
als sechs Millionen gute Gründe.
*
Und ich stelle mir einmal mehr die alte Frage:
Wer hat uns verraten? Jetzt auch noch Linke!
Ich finde, der ist nicht sooo schlecht ...
Obwohl nicht ganz richtig – ich korrigiere:
Jetzt auch noch und noch mehr angebliche Linke.
*
Tut mir leid – mehr ist nicht drin.
*
Ich korrigiere: Es tut mir nicht leid
dass nicht mehr drin ist.
Franz Dobler ist ein Schriftsteller, der in Augsburg lebt, wo er im Frühjahr dieses Gedicht vorgetragen hat, auf einer Veranstaltung der Initiative »Artists Against Antisemitism Augsburg«. Im Frühjahr erschien auch Franz Doblers neuer Roman »Ein Sohn von zwei Müttern« bei Tropen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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