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Reparieren statt Wegwerfen: Neues Reparaturnetzwerk gestartet
Mit der Plattform »Repami« soll das Recht auf Reparatur in Berlin umgesetzt werden
Die Waschmaschine schleudert nicht mehr. Der Computer-Bildschirm zeigt wirre bunte Streifen. Das Brett des Bücherregals ist durchgebrochen. Wenn Alltagsgegenstände kaputtgehen, stellt sich die Frage: Was tun? Online-Händler machen es einfach, mit ein paar Klicks Ersatz zu bestellen. Um hingegen die Möglichkeit, Dinge zu reparieren, wieder mehr auf die Tagesordnung zu bringen, haben die Senatsverwaltung für Umwelt, die Berliner Stadtreinigung (BSR), die Handwerkskammer Berlin und die gemeinnützige Stiftung Anstiftung, die das Ziel verfolgt, alles selbst zu machen, eine neue Online-Plattform auf den Weg gebracht.
»Repami« heißt das Projekt, das mit 1,2 Millionen Euro aus öffentlichen Geldern finanziert ist und zunächst für zwei Jahre läuft. Auf der Homepage sollen alle Berliner*innen unkompliziert Zugang zu gewerblichen Reparaturbetrieben und ehrenamtlichen Reparaturcafés finden. »Repami« sei international, sagte Umweltsenatorin Ute Bonde bei der Pressekonferenz zur Vorstellung am Mittwoch. Der Name komme einerseits von »Reparier mich!«, andererseits vom Englischen »Repair me!«. »Das spricht alle Menschen, die in Berlin leben an«, so Bonde.
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Auf der Plattform können Interessierte unter Kategorien von »Lampenschirme« bis »Informations- und Kommunikationstechnik« nach Betrieben suchen, die kostenpflichtig Reparaturen ausführen. Oder aber nach einem Reparaturcafé, wo sie unter Anleitung von Ehrenamtlichen selbst zur Tat schreiten können. Bislang sind rund 60 Betriebe im Netzwerk und haben eine eigene Profilseite. Sobald die Plattform bekannter wird, soll es mehr davon geben. Entscheidet man sich für eins der 56 Reparaturcafés, wird man auf die bereits bestehende Seite des Netzwerks Reparaturinitiativen verwiesen.
Das neue Netzwerk steht im Kontext des seit Anfang Mai EU-weit geltenden Rechts auf Reparatur. Seither müssen neue Produkte so konstruiert sein, dass sie überhaupt repariert werden können – was bisher nicht immer der Fall war. »Repami« soll den Zugang zur Instandsetzung verbessern. »Das eine ist, dass wir Gesetzestexte verstehen, das andere, konkrete Lösungen zu finden«, sagt Stephanie Otto, Vorstandsvorsitzende der BSR. Mit »Repami« hätten sie eine Möglichkeit geschaffen, wie jede*r mitwirken könne.
Das übergeordnete Ziel der »Zero-Waste-Stadt«, sprich: einer Stadt ohne Verschwendung und mit nachhaltigem Konsum, verleitet die Anwesenden zu großen Worten. »Indem wir defekte und beschädigte Gegenstände reparieren, anstatt sie wegzuwerfen, werden wir einen ganz entscheidenden Beitrag für unsere Zukunft und die unserer Kinder und Kindeskinder leisten«, sagt etwa Carola Zarth, Präsidentin der Handwerkskammer Berlin. Es gehe darum, gemeinsam die Kultur der Reparatur und Wiederverwendung zu stärken, um auch den ökologischen Fußabdruck in der Stadtgesellschaft zu reduzieren.
Die Betriebe wiederum, die sich auf der Plattform einschreiben, können so Kund*innen gewinnen. Roman Römer, der in Steglitz-Zehlendorf eine Raumausstattungswerkstatt betreibt, hofft, dass er diejenigen, die sich seine Dienste nicht leisten können, an Reparaturcafés weiterverweisen kann, »um die Sachen zu erhalten«, wie er sagt. »Ich merke, dass durch die Krisen das Geld nicht mehr so locker sitzt«, so der Betreiber.
Einer dieser Orte ist die »Helle Bürgerwerkstatt« in Hellersdorf. »So weit wir das mit den Leuten gemeinsam machen können, wird so gut wie alles repariert – vom kleinen Spielzeug bis zur Waschmaschine, solange man sie aufs Gelände bekommt«, sagt der Leiter Matthias Zwerschke im Gespräch mit »nd«. Die Schwierigkeiten, die die EU-Regelung angehen will, kennt er aus erster Hand. Drucker, Handys und Tablets werden in der Werkstatt nicht repariert. Die Gegenstände zu öffnen, ohne dabei etwas kaputtzumachen, sei praktisch unmöglich, gibt er als Grund an. Auch wenn die meisten der acht Ehrenamtlichen, die in der Werkstatt tätig sind, entweder Facharbeiter oder Ingenieure sind, könne eigentlich jeder mitmachen, »der keine zwei linken Hände hat«, so Zwerschke.
Für die Bekanntheit des neuen Netzwerks ist jedenfalls gesorgt. Die für ihre erfolgreichen PR-Kampagnen bekannte BSR wird das Projekt bewerben, sowohl auf Abfallbehältern in der Stadt, als auch auf Müllfahrzeugen.
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