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Endlich was zu feiern bei der Eröffnung
Erstmals führt ein Schwarzer Sportler das deutsche Olympiateam an: Fahnenträger Dennis Schröder
Eigentlich wollte Dennis Schröder schon 2021 zu Olympia. Nach einer guten Saison bei den Los Angeles Lakers an der Seite von Superstar LeBron James hatte der gebürtige Braunschweiger einen klaren Plan: Zuerst einen hochdotierten neuen Vertrag bei einem NBA-Team unterschreiben. Danach mit der deutschen Basketballnationalmannschaft an den Olympischen Spielen in Tokio teilnehmen.
Doch es kam anders. Nachdem ihm die Lakers angeblich 80 Millionen Dollar über vier Jahre angeboten hatten, platzte die Vertragsverlängerung. Weitere Angebote blieben aus. Schließlich unterschrieb der Aufbauspieler für »nur« sechs Millionen Dollar einen Einjahresvertrag bei den Boston Celtics und musste sich dafür viel Spott gefallen lassen. Hinzu kam, dass der Deutsche Basketballbund (DBB) keine Versicherung finden konnte, die Schröder gegen einen möglichen Marktwertverlust absichern sollte, falls der sich bei Olympia verletzt. Neben den Millionen verpasste er am Ende auch die Olympischen Spiele.
Kritiker sehen sich bestätigt
Für seine Kritiker war der Sommer vor drei Jahren ein weiterer Beleg für den schwierigen Charakter des besten deutschen Basketballspielers seit Dirk Nowitzki. Zu dickköpfig, zu arrogant und egozentrisch, um wirklich erfolgreich zu sein, lauteten die Vorwürfe, die den Niedersachsen schon seit seiner Zeit als Jugendspieler in Braunschweig verfolgten. Wegen der Vorliebe des Multimillionärs (geschätzter Karriereverdienst: 90 Mio. Dollar) für Schmuck, Mode und schicke Autos, die er auch gerne in den sozialen Medien teilt, wurde ihm immer wieder Protz vorgeworfen.
Was dabei gerne vergessen wird, ist der schwierige Weg zum Erfolg, den der Basketballspieler zurücklegen musste. Im Kindergarten und in der Schule in Braunschweig erlebte er nach eigener Aussage fast täglich Rassismus. Mit 15 starb sein deutscher Vater plötzlich an einem Herzinfarkt. Die Mutter aus Gambia kümmerte sich danach allein um ihn und seine vier Geschwister. Im Alter von 18 Jahren unterschrieb er dann in den USA seinen ersten Millionenvertrag bei den Atlanta Hawks, weit weg von der niedersächsischen Heimat, in die er nach seiner NBA-Karriere unbedingt zurückkehren will. Doch für die Anerkennung dieser steilen Karriere brauchte es letztlich auch den sportlichen Erfolg. Was seit dem Sommer 2021 passiert ist, wirkt deswegen wie der Stoff aus einem Hollywoodfilm.
Nach einer eher durchwachsenen NBA-Saison kehrte Schröder 2022 für die Vorbereitung zur Europameisterschaft in den Kreis der Nationalmannschaft zurück. Es folgte die erste deutsche Medaille seit 17 Jahren. Nationaltrainer Gordon Herbert machte den Aufbauspieler zum Kopf des deutschen Teams, das am Ende gegen Polen Bronze gewann. Im vergangenen September krönten sich die deutschen Basketballer dann sensationell zum Weltmeister, angeführt von Schröder als Kapitän, der anschließend zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde.
Weltmeister sind über jeden Zweifel erhaben
Das große Selbstvertrauen und die direkte Art wurden auf einmal als Führungsstärke ausgelegt, mit der Schröder das deutsche Team zum WM-Titel und damit auch zur Qualifikation für Olympia pushte. Auch ein Streit im Vorfeld der WM mit NBA-Kollegen Maxi Kleber, der dazu führte, dass Kleber seine Teilnahme an der Weltmeisterschaft absagte, spielte keine Rolle mehr. In den Wochen nach dem überraschenden Weltmeistertitel schwamm der deutsche Basketball auf einer Welle der Euphorie – mit Schröder als dem Gesicht des Erfolgs.
Dass der inzwischen 30-Jährige am Freitagabend bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris gemeinsam mit Judoka Anna-Maria Wagner nun auch die deutsche Fahne tragen darf, erscheint da fast schon selbstverständlich. »Wenn nicht jetzt, wann dann?«, fragte Schröder bereits nach dem WM-Titel und meinte seine Chance, bei Olympia als erster Schwarzer Sportler die deutsche Fahne zu tragen.
Für den NBA-Star ist seine Aufgabe als Fahnenträger auch ein Statement für alle Menschen in Deutschland, deren Eltern aus einem anderen Land kommen. Dass er als Schwarzer mit einer Mutter aus Gambia die Fahne tragen dürfe, sei angesichts des Fremdenhasses und der rassistischen Parolen auf den deutschen Straßen und im Internet ein starkes Zeichen, sagte Schröder nach seiner Wahl im Interview mit dem »Spiegel«. Trotzdem wolle er die Fahne nicht nur als Zeichen gegen Rassismus tragen, sondern auch als Auszeichnung für die Leistungen der deutschen Basketballer.
Denn darum geht es ja auch noch. Das Team von Bundestrainer Herbert kann bei den Spielen in Paris erneut Geschichte schreiben. Noch nie kam eine deutsche Basketballmannschaft bei Olympischen Spielen über den 7. Platz hinaus. Als aktuelle Weltmeister peilen Schröder und seine Mitspieler diesmal sogar eine Medaille an. Denn wenn jemand weiß, wie sehr jede gute Geschichte im Sport am Ende auch vom Erfolg abhängig ist, dann ist es der aktuelle deutsche Fahnenträger.
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