Geschlechtsdebatte im Boxen: Carini verteidigt Gegnerin Khelif

Unterlegene Boxerin Angela Carini verteidigt ihre wegen ihres Geschlechts angefeindete Gegnerin Imane Khelif

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Angela Carini (l.) weinte nach ihrer Niederlage. Das habe aber nichts mit Gegnerin Imane Khelif zu tun gehabt, sagte sie später.
Angela Carini (l.) weinte nach ihrer Niederlage. Das habe aber nichts mit Gegnerin Imane Khelif zu tun gehabt, sagte sie später.

Die unterlegene Italienerin Angela Carini hat ihr Unverständnis über die Geschlechtsdebatte um die algerische Boxerin Imane Khelif geäußert. »Wenn sie nach Meinung des IOC kämpfen darf, respektiere ich diese Entscheidung«, sagte die 25-Jährige der »Gazzetta dello Sport«. Sie habe versucht, die Diskussion auszublenden. »Diese Kontroversen haben mich traurig gemacht, und es tut mir leid für die Gegnerin, die auch nur hier ist, um zu kämpfen«, sagte Carini.

IOC-Präsident: »Sie ist eine Frau«

Sie hatte in der ersten Runde nach 46 Sekunden durch technischen K. o. gegen Khelif verloren. Ihre Gegnerin war bei der WM 2023 wegen erhöhter Testosteronwerte ausgeschlossen worden. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte dennoch eine Starterlaubnis für Paris erteilt. IOC-Präsident Thomas Bach äußerte sich gegenüber der Nachrichtenagentur Ansa klar. »Sie ist eine Frau, die seit sechs Jahren auf internationalem Niveau an Wettkämpfen teilnimmt«, sagte der 70-Jährige über Khelif. Das IOC hatte bereits zuvor angesichts der öffentlichen Debatte zur Mäßigung aufgerufen. »Jede Person hat das Recht, Sport ohne Diskriminierung zu betreiben«, hieß es in einem Statement am Donnerstagabend. Die Schuld für die Aufregung um die Algerierin Khelif und die Taiwanesin Lin Yu-ting trage in erster Linie der seit Jahren suspendierte Weltverband IBA.

Khelif und Lin waren während der WM 2023 durch die IBA disqualifiziert worden; Grundlage für diese Entscheidungen waren umstrittene Geschlechtstests. In Paris ließ das zuständige IOC beide Sportlerinnen aber zu. Dies hatte für Diskussionen gesorgt – am Donnerstag gewannen diese an Schärfe, nachdem Khelifs Gegnerin im Auftaktkampf chancenlos schien. Das IOC beklagte nun »irreführende Informationen« über beide Sportlerinnen: »Beide waren Opfer einer willkürlichen Entscheidung der IBA. Gegen Ende der WM 2023 wurden sie ohne ordentlichen Prozess disqualifiziert«, hieß es. »Die aktuelle Aggression« basiere ausschließlich auf dieser Entscheidung, die von lediglich zwei Personen aus der IBA-Führung getroffen worden sei.

Carini hatte die Debatte zunächst selbst durch ihr Verhalten befeuert. Nach dem Ende des Kampfes gab es den üblichen Handschlag nicht. Dies sei jedoch ein Missverständnis gewesen. »Das war keine absichtliche Geste, ich entschuldige mich bei ihr und bei allen. Ich war wütend, weil die Spiele für mich vorbei waren. Ich habe nichts gegen Khelif. Wenn ich sie noch einmal treffen würde, würde ich sie umarmen«, sagte Carini.

Meloni heizt Debatte an

Auch mit ihrer Aussage, es sei nicht fair, sei nicht Khelif gemeint gewesen: »Das ist absolut nicht so. Es war nicht fair, dass mein Traum so schnell zu Ende war«, erläuterte Carini. Sie hatte sich drei Jahre lang vorbereitet und wollte eine Medaille.

Nach Auffassung von Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni hätte Khelif dennoch nicht zugelassen werden sollen. »Man muss in der Lage sein, auf gleicher Augenhöhe zu kämpfen. Von meinem Standpunkt aus war es kein Wettbewerb unter Gleichen«, sagte die 47-Jährige. »Ich denke, dass Athleten, die männliche genetische Merkmale haben, nicht zu Frauenwettbewerben zugelassen werden sollten. Nicht weil man jemanden diskriminieren will, sondern um die Rechte der weiblichen Athleten zu schützen, damit sie unter gleichen Bedingungen konkurrieren können.« Thomas Bach betonte nach einem Treffen mit Meloni: »Wir waren uns einig, dass wir in Kontakt bleiben und den wissenschaftlichen Hintergrund klären und verbessern wollen, um die Situation verständlicher zu machen.« Agenturen/nd

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